Die Kombination von Ehe und Unternehmertum ist voller Chancen, aber auch voller Risiken. Während die Ehe auf Vertrauen und Zuneigung basiert, sind Gesellschaftsanteile und Unternehmenswerte wirtschaftliche Größen, die im Ernstfall nicht allein von Emotionen geschützt werden. Für Gesellschafter kann eine Eheschließung ohne Ehevertrag erhebliche Folgen haben: Die gesetzliche Zugewinngemeinschaft sorgt dafür, dass Wertsteigerungen von Unternehmensanteilen im Scheidungsfall auszugleichen sind. Liquidität, die oft nicht vorhanden ist, muss bereitgestellt werden – im schlimmsten Fall durch den Verkauf von Firmenanteilen.
Dieser Beitrag zeigt, welche rechtlichen Grundlagen zu beachten sind, wie eine sinnvolle Gestaltung von Eheverträgen aussehen kann, welche Bewertungsmethoden zur Anwendung kommen und welche Handlungsoptionen Finanz- und Nachfolgeplaner ihren Mandanten empfehlen sollten.
1. Rechtliche Grundlagen
1.1 Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Standard
Ohne Ehevertrag gilt automatisch die Zugewinngemeinschaft. Dabei wird das während der Ehe hinzugewonnene Vermögen zwischen den Partnern hälftig ausgeglichen. Unternehmensanteile und ihre Wertsteigerungen fallen ebenfalls in diese Berechnung. Für Gesellschafter kann dies zu existenziellen Problemen führen, da die Werte im Betrieb gebunden sind und Liquidität für einen Ausgleich kaum verfügbar ist.
1.2 Möglichkeiten der Modifikation durch Ehevertrag
Gütertrennung
Bei der Gütertrennung wird der Zugewinnausgleich vollständig ausgeschlossen. Für den Unternehmer bedeutet dies den maximalen Schutz seiner Gesellschaftsanteile. Allerdings entfällt damit auch der Ausgleichsgedanke innerhalb der Ehe, was die Akzeptanz beim Partner erschweren kann.
Modifizierte Zugewinngemeinschaft
Hierbei wird Unternehmensvermögen vom Zugewinn ausgeschlossen, während anderes Vermögen – etwa Immobilien oder private Kapitalanlagen – einbezogen bleibt. Diese Variante gilt als ausgewogener Ansatz, weil sie den Betrieb schützt, gleichzeitig aber eine faire Beteiligung des Partners am privaten Vermögensaufbau ermöglicht.
1.3 Wirksamkeit und Form
Ein Ehevertrag muss zwingend notariell beurkundet werden. Zudem darf er nicht sittenwidrig sein, d. h. er darf den Ehepartner nicht unangemessen benachteiligen. Ein ausgewogen gestalteter Vertrag, der die Interessen beider Seiten berücksichtigt, ist daher nicht nur rechtlich stabiler, sondern auch langfristig tragfähiger.
2. Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich
2.1 Bedeutung für den Ausgleichsanspruch
Der Zugewinnausgleich basiert auf dem Vergleich von Anfangs- und Endvermögen. Für Gesellschafter ist daher entscheidend, dass Unternehmensanteile korrekt bewertet werden. Bereits moderate Wertsteigerungen können zu erheblichen Ausgleichszahlungen führen, die ohne vorherige Planung kaum zu leisten sind.
2.2 Bewertungsverfahren
Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren orientiert sich an den zukünftigen Erträgen des Unternehmens. Es ist die gängige Methode, da es den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Firma widerspiegelt.
Substanzwertverfahren
Hierbei wird der Unternehmenswert aus der Summe der Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden ermittelt. Diese Methode ist besonders bei Unternehmen mit hohen Anlagewerten verbreitet.
Liquidationswert
Der Liquidationswert wird nur selten angewendet, da er vom hypothetischen Fall ausgeht, dass das Unternehmen aufgelöst würde. Er dient eher als Untergrenze im Rahmen von Verhandlungen.
2.3 Praktische Herausforderungen
Unternehmensbewertungen sind komplex und können zu erheblichen Auseinandersetzungen führen. Neben betriebswirtschaftlichen Prognosen spielen auch subjektive Einschätzungen und externe Gutachten eine Rolle. Für Gesellschafter bedeutet dies: Ohne klare Regelungen im Ehevertrag drohen langwierige und teure Verfahren.
3. Steuerliche und gesellschaftsrechtliche Dimensionen
3.1 Steuerliche Aspekte
Der Zugewinnausgleich selbst ist steuerfrei. Dennoch können sich indirekte steuerliche Folgen ergeben, etwa bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Rahmen von Abfindungen. Auch die Erbschaft- und Schenkungsteuer muss in die Gesamtstrategie einbezogen werden, insbesondere wenn gleichzeitig Nachfolgefragen gelöst werden sollen.
3.2 Gesellschaftsvertragliche Lösungen
Ehevertragsklausel
Eine Klausel im Gesellschaftsvertrag, die alle Gesellschafter verpflichtet, bei Eheschließung einen Ehevertrag abzuschließen, schafft klare Verhältnisse. Sie entlastet den Einzelnen in der privaten Kommunikation und schützt die Gesellschaft als Ganzes.
Bewertungsregelungen
Der Gesellschaftsvertrag kann zudem eine verbindliche Bewertungsmethode für den Fall einer Scheidung festlegen. Dadurch werden Streitigkeiten vermieden und Verfahren beschleunigt.
Abfindungsklauseln
Abfindungsklauseln verhindern, dass eine Scheidung zur finanziellen Schieflage führt. Sie können festlegen, dass ein ausscheidender Gesellschafter oder dessen Ehepartner nur bis zu einem bestimmten Wert abgefunden wird.
4. Praxisbeispiele
Beispiel A: Modifizierte Zugewinngemeinschaft
Ein Unternehmer vereinbart, dass seine Gesellschaftsanteile vom Zugewinn ausgeschlossen werden. So bleibt die Firma geschützt, während sein Partner dennoch am privaten Vermögensaufbau beteiligt ist. Dieses Modell schafft oft hohe Akzeptanz, weil es beidseitig als fair empfunden wird.
Beispiel B: Gesellschaftsvertrag mit Pflichtklausel
Zwei Gründer verpflichten sich gegenseitig im Gesellschaftsvertrag, bei Eheschließung einen Ehevertrag abzuschließen. Damit bleibt das Unternehmen auch bei privaten Veränderungen handlungsfähig. Die Regelung verschafft den Gesellschaftern eine objektive Begründung im privaten Gespräch mit ihrem Partner.
Beispiel C: Klassische Gütertrennung
Ein Unternehmer entscheidet sich für strikte Gütertrennung. Der Betrieb ist vollständig abgesichert. Allerdings verliert der Ehepartner Anspruch auf jeglichen Vermögensausgleich. Im Erbfall kann dies steuerlich nachteilig sein, weshalb Gütertrennung oft durch weitere Regelungen ergänzt werden sollte.
5. Handlungsempfehlungen für Finanz- und Nachfolgeplaner
5.1 Frühe Aufklärung
Finanz- und Nachfolgeplaner sollten Mandanten bereits bei Unternehmensgründung oder Gesellschaftereintritt über die Risiken der Zugewinngemeinschaft informieren.
5.2 Integration von Ehe- und Gesellschaftsvertrag
Ein Ehevertrag entfaltet die größte Wirkung, wenn er mit dem Gesellschaftsvertrag abgestimmt wird. So entsteht ein konsistentes Schutzsystem.
5.3 Bewertungsfragen frühzeitig regeln
Die frühzeitige Festlegung der Bewertungsmethode verhindert langwierige Auseinandersetzungen und sorgt für Planungssicherheit.
5.4 Steuer- und Nachfolgeplanung verknüpfen
Der Ehevertrag sollte nicht isoliert, sondern im Kontext von Nachfolge und steuerlicher Optimierung gestaltet werden.
5.5 Regelmäßige Überprüfung
Sowohl Ehe- als auch Gesellschaftsvertrag müssen regelmäßig überprüft und bei wirtschaftlichen oder rechtlichen Veränderungen angepasst werden.
Fazit
Der Ehevertrag ist für Gesellschafter kein Symbol von Misstrauen, sondern ein strategisches Instrument des Vermögensschutzes. In Verbindung mit klaren gesellschaftsrechtlichen Regelungen schafft er Sicherheit, erhält die Handlungsfähigkeit des Unternehmens und vermeidet Liquiditätsrisiken im Krisenfall. Finanz- und Nachfolgeplaner haben hier die Aufgabe, Mandanten vorausschauend zu beraten und rechtliche wie steuerliche Aspekte in ein schlüssiges Gesamtkonzept zu integrieren.
Anhang A: Handlungsschritte
| Schritt | Handlung | Verantwortlich |
|---|---|---|
| 1 | Vermögens- und Risikoinventur durchführen | Unternehmer, Steuerberater |
| 2 | Bestehende Verträge prüfen | Rechtsanwalt Familien- & Gesellschaftsrecht |
| 3 | Ehevertrag gestalten, gesellschaftsvertragliche Pflicht prüfen | Notar, Anwalt |
| 4 | Steuerliche Folgen und Nachfolge einbeziehen | Steuerberater |
| 5 | Bewertungsmethoden definieren und vertraglich fixieren | Vertragsparteien |
| 6 | Regelmäßige Überprüfung alle 2–3 Jahre | Unternehmer, Berater |
| 7 | Kommunikation mit allen Gesellschaftern | Geschäftsführung |
| 8 | Dokumentation sichern | Unternehmer, Berater |
Anhang B: Rechtliche Quellen
| Quelle | Inhalt |
|---|---|
| BGB §§ 1363 ff. | Zugewinngemeinschaft |
| BGB §§ 1373 ff. | Zugewinnausgleich |
| BGB § 1410 | Form des Ehevertrags (notarielle Beurkundung) |
| GmbHG | Vertragsfreiheit und Gesellschafterpflichten |
| ErbStG | Steuerliche Relevanz bei Nachfolgefällen |
Anhang C: Wichtigste Praxisimplikationen
- Ohne Ehevertrag droht die Zerschlagung von Unternehmensvermögen im Scheidungsfall.
- Bewertungsmethoden sollten frühzeitig definiert werden, um Streit zu vermeiden.
- Gesellschaftsverträge können als präventives Schutzinstrument dienen.
- Ehevertrag, Gesellschaftsvertrag und steuerliche Nachfolgeplanung müssen ineinandergreifen.
- Regelmäßige Updates und Dokumentation sind unverzichtbar.