Das Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) ist ein deutsches Gesetz, das am 1. Juli 2021 in Kraft getreten ist. Es zielt darauf ab, die Nutzung von Steueroasen und anderen Staaten mit schädlichen Steuerpraktiken zur Steuervermeidung und Steuerhinterziehung einzudämmen. Durch dieses Gesetz werden steuerliche Sanktionen gegenüber Unternehmen und Privatpersonen eingeführt, die in sogenannten nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten tätig sind oder Geschäftsbeziehungen zu solchen Ländern unterhalten.
Das Steueroasen-Abwehrgesetz setzt internationale Standards, insbesondere die schwarze Liste der Europäischen Union (EU), um und ergänzt nationale Maßnahmen gegen aggressive Steuervermeidung und Steuerflucht.
Ziele des Steueroasen-Abwehrgesetzes:
- Verhinderung von Steuervermeidung:
- Das Gesetz soll Steuerpflichtige davon abhalten, steuerliche Vorteile durch Geschäftsbeziehungen zu Ländern mit schädlichen Steuerpraktiken zu erlangen. Es soll sicherstellen, dass Gewinne nicht unrechtmäßig in Steueroasen verlagert werden, um Steuern in Deutschland zu vermeiden.
- Förderung internationaler Transparenz und Fairness:
- Durch die Sanktionierung von Transaktionen und Geschäftsbeziehungen mit Ländern auf der schwarzen Liste der EU soll Druck auf diese Länder ausgeübt werden, ihre Steuersysteme transparenter und fairer zu gestalten.
- Abschreckung von Steuerflucht:
- Das Gesetz wirkt als Abschreckung gegen den Einsatz von Steueroasen für die Steuervermeidung und Steuerhinterziehung, indem es steuerliche Nachteile für in solchen Ländern tätige Unternehmen und Personen schafft.
Wichtige Regelungen des Steueroasen-Abwehrgesetzes:
- Beschränkungen für Steuerpflichtige mit Beziehungen zu Steueroasen:
- Wenn eine natürliche oder juristische Person Geschäfte oder Geschäftsbeziehungen zu einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet unterhält (d.h. ein Land, das auf der EU-Liste der Steueroasen steht), unterliegt sie bestimmten steuerlichen Beschränkungen.
- Gewinne und Einkünfte, die aus solchen Ländern stammen, können nicht steuerlich geltend gemacht oder abgezogen werden.
- Einschränkung der Betriebsausgaben und Werbungskosten:
- Betriebsausgaben und Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen zu Steueroasen stehen, dürfen in Deutschland nicht mehr als steuerlich abzugsfähig anerkannt werden. Das betrifft etwa Kosten für Verträge mit Unternehmen aus Steueroasen oder dortige Investitionen.
- Beschränkung der Steuerfreistellung für Dividenden und Veräußerungsgewinne:
- Dividenden und Veräußerungsgewinne, die aus Tochtergesellschaften oder Unternehmensbeteiligungen in Steueroasen stammen, sind nicht mehr von der deutschen Besteuerung befreit. Sie unterliegen der deutschen Steuerpflicht, ohne dass die übliche Steuerfreistellung greift.
- Verhinderung des Verlustabzugs:
- Verluste aus wirtschaftlichen Aktivitäten in Steueroasen dürfen nicht mit Gewinnen in Deutschland verrechnet werden. Dies schränkt die Möglichkeit ein, Verluste, die in Steueroasen entstehen, steuerlich geltend zu machen.
- Verbot von Steuerbefreiungen und Steuervergünstigungen:
- Steuerliche Vergünstigungen, wie sie im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen sind (z.B. die Freistellung ausländischer Einkünfte), können nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn die Einkünfte aus Steueroasen stammen.
- Maßnahmen im Zusammenhang mit Finanzierungsstrukturen:
- Besondere Regelungen gelten für Finanzierungsstrukturen (z.B. Zinszahlungen), bei denen Steueroasen eine Rolle spielen. Solche Finanzierungsstrukturen werden strenger besteuert oder unterliegen speziellen Sanktionsmaßnahmen.
Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete:
- Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete sind Länder und Gebiete, die von der Europäischen Union als Steueroasen eingestuft werden und auf der sogenannten EU-Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete stehen. Diese Liste wird regelmäßig aktualisiert und enthält Länder, die keine ausreichenden Maßnahmen gegen Steuervermeidung ergreifen oder keine transparente Steuerpolitik betreiben.
- Die aktuelle Liste umfasst Länder, die keine ausreichende Zusammenarbeit in Steuerangelegenheiten leisten, wie die Cayman Islands, Panama, Seychellen oder Vanuatu (Stand 2023).
Folgen bei Nichteinhaltung:
- Unternehmen und Privatpersonen, die gegen die Regelungen des Steueroasen-Abwehrgesetzes verstoßen oder Geschäftsbeziehungen zu Steueroasen nicht korrekt deklarieren, müssen mit steuerlichen Sanktionen rechnen. Dazu gehört die Verweigerung steuerlicher Vergünstigungen, der Verlust steuerlicher Abzugsfähigkeiten sowie mögliche Geldbußen.
Auswirkungen auf Unternehmen:
- Für multinationale Unternehmen, die komplexe Finanzstrukturen über Steueroasen aufgebaut haben, bedeutet das Steueroasen-Abwehrgesetz eine verstärkte Überprüfung ihrer Steuerstrukturen. Unternehmen, die Tochtergesellschaften oder Holdinggesellschaften in Steueroasen haben, könnten dadurch gezwungen werden, ihre Strukturen zu überdenken oder mit höheren Steuern in Deutschland zu rechnen.
- Finanzdienstleister und Banken, die Konten oder Investitionen in Steueroasen verwalten, müssen zusätzliche Compliance-Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass sie den neuen Regelungen entsprechen.
Kritik und Herausforderungen:
- Ethische Aspekte: Kritiker betonen, dass das Gesetz im Wesentlichen ethisch gerechtfertigt ist, da es darauf abzielt, Steuergerechtigkeit zu fördern und der Steuerflucht entgegenzuwirken. Allerdings gibt es auch Bedenken, dass legitime Geschäftsbeziehungen mit Ländern auf der EU-Liste erschwert werden könnten.
- Grenzen der Umsetzbarkeit: Die Herausforderung liegt in der effektiven Überwachung und Umsetzung der Regelungen. Während Unternehmen gezwungen sind, ihre Steuerstrukturen anzupassen, bleibt es eine Herausforderung, Steuervermeidungspraktiken vollständig zu unterbinden.
Rechtliche Grundlage:
Das Steueroasen-Abwehrgesetz basiert auf den Regelungen der Abgabenordnung (AO) und setzt EU-Vorgaben um. Es wurde durch eine Änderung der steuerlichen Vorschriften im deutschen Steuerrecht eingeführt, um internationale Standards zur Bekämpfung von Steuerflucht und schädlichen Steuerpraktiken durchzusetzen.
Fazit:
Das Steueroasen-Abwehrgesetz ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerflucht. Es sorgt dafür, dass Steuerpflichtige, die Geschäftsbeziehungen zu Steueroasen unterhalten, steuerlich benachteiligt werden und schafft einen Anreiz, legale Steuergestaltungen ohne Nutzung schädlicher Steuerpraktiken vorzunehmen. Durch diese Maßnahmen soll die Steuerbasis in Deutschland geschützt und internationale Steuergerechtigkeit gefördert werden.