Der sogenannte Enkeltrick ist eine besonders perfide Form des Betrugs, die gezielt ältere Menschen ins Visier nimmt. Kriminelle geben sich am Telefon als Verwandte oder Bekannte aus und täuschen eine finanzielle Notlage vor, um so hohe Geldbeträge zu erschleichen. Die Betrüger agieren professionell, manipulieren ihre Opfer mit gezielten psychologischen Techniken und setzen sie unter Druck.
Für Finanz- und Nachfolgeplaner ist es wichtig, Kunden nicht nur über klassische Anlagestrategien und Vermögensübertragungen zu beraten, sondern auch über Risiken und Betrugsmaschen aufzuklären, die speziell wohlhabende Senioren betreffen. Ein aktuelles Urteil verdeutlicht, dass Banken in solchen Fällen nur begrenzt in der Pflicht sind – umso wichtiger wird die eigenverantwortliche Prävention.
Der Enkeltrick – So funktioniert die Betrugsmasche
Der Enkeltrick basiert auf einer einfachen, aber äußerst wirkungsvollen Täuschung:
- Der Anruf: Ein Betrüger ruft das Opfer an und gibt sich als Enkel, Nichte oder ein anderer naher Verwandter aus. Häufig starten sie das Gespräch mit „Rate mal, wer hier spricht!“ – das Opfer nennt dann oft selbst einen Namen, den der Betrüger aufgreift.
- Die Notlage: Der angebliche Verwandte schildert eine dringende, meist emotionale Situation. Häufig genannte Szenarien sind:
- Der Druck: Das Opfer wird unter Zeitdruck gesetzt und aufgefordert, schnell zu handeln, ohne mit anderen darüber zu sprechen.
- Die Geldübergabe: Der Betrüger gibt an, dass er selbst nicht kommen kann und schickt stattdessen einen „Vertrauensmann“, der das Bargeld oder Wertgegenstände abholt.
Oft bleibt das Opfer erst nach Stunden oder Tagen in der Realität zurück – dann ist das Geld bereits verschwunden.
Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg: Keine Bankenhaftung bei Enkeltrick (Az.: 4 U 1666/22)
Ein aufsehenerregender Fall wurde vor dem Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg verhandelt. Ein 84-jähriger Mann aus Bayern fiel auf eine Enkeltrick-Betrugsmasche herein und übergab 83.000 EUR in bar an eine unbekannte Abholerin. Anschließend verklagte er seine Bank auf Schadensersatz mit der Begründung, diese hätte ihn vor einer so großen Barauszahlung warnen und damit den Betrug verhindern müssen.
Das OLG Nürnberg wies die Klage mit folgendem Urteil ab:
- Mehrfache Rückfrage der Bank: Eine Bankmitarbeiterin hatte den Mann bei seinen Bargeldabhebungen mehrfach nach dem Zweck der hohen Summen gefragt. Er gab an, das Geld für seine Enkelin zu benötigen, und versicherte, den Enkeltrick zu kennen.
- Keine allgemeine Warnpflicht der Bank: Das Gericht stellte klar, dass Banken grundsätzlich nicht verpflichtet sind, Kunden über mögliche Betrugsgefahren zu belehren. Eine Warnpflicht besteht nur dann, wenn konkrete und offensichtliche Verdachtsmomente vorliegen.
- Formell korrekte Transaktion: Der Mann hatte das Geld in mehreren Abhebungen über eine Woche hinweg in bar ausgezahlt bekommen. Da er auf Nachfrage seine Angaben wiederholt bestätigte, konnte die Bank nicht ohne weiteres erkennen, dass er einem Betrug unterlag.
- Selbstverantwortung des Kunden: Die Richter betonten, dass es in erster Linie in der Verantwortung der Kunden liegt, auf ihre eigenen Vermögenswerte zu achten und sich gegen Betrüger zu schützen.
Das Urteil verdeutlicht: Banken sind nicht in der Pflicht, ihre Kunden aktiv vor finanziellen Fehlentscheidungen zu bewahren. Der Schutz vor Betrug muss daher durch Präventionsmaßnahmen und Aufklärung erfolgen.
Prävention: So können Finanz- und Nachfolgeplaner Mandanten schützen
Die wichtigste Schutzmaßnahme gegen den Enkeltrick ist die Aufklärung potenzieller Opfer. Finanz- und Nachfolgeplaner sollten ihre Mandanten für das Thema sensibilisieren und vorbeugende Maßnahmen empfehlen.
Hier ein Dokument, welches beispielsweise im Whatsapp-Status o.ä. verwendet werden kann:
Tipps und Tricks zur Vermeidung des Enkeltricks
Maßnahme | Beschreibung |
---|---|
Sensibilisierung | Klienten über Betrugsmethoden und psychologische Manipulation aufklären. Je besser sie die Masche kennen, desto schwerer haben es die Betrüger. |
Codewörter festlegen | Innerhalb der Familie ein persönliches Codewort vereinbaren, das bei Notfällen genutzt wird. So kann eine echte Notsituation von einem Betrugsversuch unterschieden werden. |
Nicht unter Druck setzen lassen | Betrüger üben massiven Zeitdruck aus. Mandanten sollten darauf vorbereitet sein, dass eine echte Notlage nie einen sofortigen Geldtransfer ohne Prüfung erfordert. |
Rückruf bei echten Verwandten | Bei jedem Anruf mit einer Geldforderung sollte sofort der echte Enkel oder ein naher Verwandter zurückgerufen werden, um die Geschichte zu überprüfen. |
Keine persönlichen Daten preisgeben | Namen von Verwandten, finanzielle Situation oder Adressen nicht am Telefon preisgeben – seriöse Behörden oder Banken fordern so etwas nicht telefonisch an. |
Bankwarnsysteme nutzen | Viele Banken bieten Sicherheitsmaßnahmen an, etwa tägliche Abhebelimits oder eine zweite Bestätigung durch Vertrauenspersonen. |
Polizei und Familie einbeziehen | Im Verdachtsfall sofort die Polizei kontaktieren und die Familie informieren. Kein Geld an fremde Personen übergeben. |
Fazit: Prävention ist der beste Schutz
Das Urteil des OLG Nürnberg zeigt deutlich, dass Banken nicht in der Pflicht sind, Betrugsopfer zu schützen – die Verantwortung liegt bei den Kunden selbst. Für Finanz- und Nachfolgeplaner ergibt sich daraus eine wichtige Aufgabe: Sie müssen ihre Mandanten proaktiv über die Gefahren des Enkeltricks informieren und präventive Schutzmaßnahmen empfehlen.
Nur durch Aufklärung, Familienkommunikation und klare Sicherheitsvorkehrungen kann das Risiko minimiert werden. Wer vorbereitet ist, kann sich gegen diese Form des Betrugs effektiv schützen.
Zusätzliche Beratung für Kunden:
Finanz- und Nachfolgeplaner sollten in Beratungsgesprächen nicht nur steuerliche und vermögensbezogene Themen besprechen, sondern auch das Thema Schutz vor Betrugsmaschen in ihre Dienstleistung integrieren. Wer hier frühzeitig sensibilisiert, kann seinen Mandanten helfen, schwerwiegende finanzielle Verluste zu vermeiden.