
Wenn sich Ehepaare trennen, steht nicht nur die emotionale Neuordnung an. Auch wirtschaftlich ist das Trennungsjahr eine Phase mit erheblichem Konfliktpotenzial. Ob Hausrat, Konten, Vollmachten oder digitale Zugriffsrechte: Wer in dieser Phase keine klare Struktur schafft, riskiert Streit, Vermögensverluste und schwer korrigierbare Fehlentscheidungen. Dieser Beitrag beleuchtet, was im Trennungsjahr konkret zu beachten ist – und welche Rolle Finanz- und Nachfolgeplaner dabei spielen sollten.
Trennung ist nicht gleich Scheidung: Was darf wer im Trennungsjahr?
Das Trennungsjahr ist eine rechtliche Zwischenphase. Die Ehe besteht fort, aber die Lebensgemeinschaft ist aufgehoben. Viele Mandanten wissen nicht, dass bereits in dieser Zeit erste Ansprüche und Pflichten greifen. Insbesondere die Nutzung gemeinsamer Vermögenswerte ist häufig ungeklärt – mit potenziell gravierenden Folgen.
Hausrat: Was ist “gemeinsam” – und wer bekommt was?
Der Hausrat umfasst alle Gegenstände, die für das gemeinsame Zusammenleben bestimmt waren: vom Esstisch bis zur Waschmaschine. Nach § 1361a BGB kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm einzelne Gegenstände zur alleinigen Nutzung überlassen werden, wenn dies “der Billigkeit” entspricht. Eigentumsfragen treten dabei oft in den Hintergrund.
Praxisrelevant: Es besteht eine Vermutung, dass gemeinsam angeschaffte Gegenstände beiden Ehegatten gehören. Belege und Dokumentationen sind daher essenziell, um Eigentum nachweisen zu können.
Bankkonten & Zahlungsflüsse: Aufpassen bei gemeinsamen Konten!
Viele Ehepaare führen sogenannte Oder-Konten, bei denen jeder ohne Zustimmung des anderen verfügen kann. Nach der Trennung können solche Konten schnell zur juristischen Stolperfalle werden:
- Wer plötzlich das gesamte Guthaben abhebt, muss es ggf. zur Hälfte zurückzahlen.
- Einseitige Verfügungen können als illoyal gelten.
- Eine Kontosperre oder Umwandlung in ein Und-Konto ist oft ratsam.
Beratungsbedarf: Welche Konten bestehen? Wer hat Zugriff? Welche Bewegungen sind relevant für den Zugewinnausgleich?
Vollmachten, Verfügungen, Notfallpläne – jetzt handeln!
Trennung bedeutet auch: Vertrauensverhältnisse müssen neu gedacht werden. Viele Ehegatten haben sich wechselseitig Vorsorgevollmachten, Bankvollmachten oder Patientenverfügungen erteilt. Diese sollten – sofern gewünscht – sofort widerrufen werden.
Auch im Erbfall kann eine nicht angepasste Verfügung fatale Folgen haben. Wer seinen Ehepartner testamentarisch begünstigt hat, sollte prüfen, ob das im Trennungsfall noch gewollt ist.
Immaterielle Vermögenswerte: Versicherungen, Abos, Digitales
Neben dem klassischen Vermögen geraten digitale oder vertragliche Positionen oft in Vergessenheit:
- Wer zahlt weiter für Versicherungen, Streamingdienste oder Plattform-Abos?
- Wer haftet für laufende Verträge mit gemeinsamer Unterschrift?
- Wer hat Zugang zu Cloud-Daten, Kundendatenbanken oder Familien-Backups?
Auch hier gilt: Alles, was gemeinsam organisiert wurde, sollte bewusst getrennt oder neu geregelt werden.
Beratungsschwerpunkt: Struktur schafft Klarheit – nicht Emotion
Gerade in der Trennungsphase ist professionelle Distanz wichtig. Finanz- und Nachfolgeplaner helfen, die wesentlichen Fragen zu sortieren:
- Welche Unterlagen fehlen noch?
- Welche Konten müssen geklärt, welche Vollmachten widerrufen werden?
- Wie lassen sich finanzielle Risiken begrenzen, ohne neue Konflikte zu schaffen?
Eine strukturierte Checkliste, ein Gespräch mit dem Steuerberater oder die Vermittlung eines Fachanwalts können in dieser Phase einen erheblichen Unterschied machen.
Fazit: Wer nichts regelt, lässt zu viel offen
Die Trennung ist nicht das Ende, sondern der Beginn einer neuen Ordnung. Wer in dieser Phase die Vermögensfragen offen lässt, riskiert nicht nur Geld, sondern auch Vertrauen und rechtliche Sicherheit. Umso wichtiger ist eine klare, strukturierte Begleitung. Denn gute Beratung beginnt nicht mit der Scheidung – sondern mit der Trennung.