Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland stieg im Januar 2025 um 14,1 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Dies setzt den bereits seit Mitte 2023 anhaltenden Trend steigender Insolvenzfälle fort. Besonders betroffen sind Unternehmen, die unter wirtschaftlichem Druck stehen, sowie Verbraucher, die ihre finanziellen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen können. Für Finanz- und Nachfolgeplaner ergeben sich daraus erhebliche Herausforderungen, aber auch Chancen, Mandanten gezielt zu unterstützen.
Zunahme der Unternehmensinsolvenzen: Ursachen und Auswirkungen
Im November 2024 wurden 1.787 Unternehmensinsolvenzen gemeldet – ein Anstieg von 18,1 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Besonders betroffen waren die Branchen:
- Verkehr und Lagerei: 9,0 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen
- Baugewerbe: 7,5 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen
- Gastgewerbe: 6,9 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen
Die Forderungen der Gläubiger beliefen sich auf insgesamt 2,8 Milliarden Euro, was einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Vorjahr (1,5 Milliarden Euro) bedeutet. Dies zeigt, dass nicht nur die Anzahl der Insolvenzen steigt, sondern auch deren wirtschaftliche Tragweite zunimmt.
Mögliche Ursachen:
- Hohe Zinsen erschweren Refinanzierungen und belasten besonders kapitalintensive Unternehmen.
- Steigende Energie- und Personalkosten reduzieren die Margen.
- Nachlaufende Auswirkungen der Corona-Pandemie und unterbrochene Lieferketten.
- Verbraucherrückgang in bestimmten Branchen aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheit.
Mehr Verbraucherinsolvenzen: Privatverschuldung nimmt zu
Neben Unternehmensinsolvenzen nehmen auch Verbraucherinsolvenzen zu. Im November 2024 gab es 5.971 Fälle – ein Plus von 2,8 % im Vergleich zum Vorjahr. Ein Anstieg der Privatinsolvenzen deutet oft darauf hin, dass Verbraucher Schwierigkeiten haben, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen – sei es durch Jobverluste, steigende Lebenshaltungskosten oder unzureichende finanzielle Rücklagen.
Was bedeutet das für Finanz- und Nachfolgeplaner?
Die steigenden Insolvenzzahlen erfordern ein angepasstes Risikomanagement und eine strategische Beratung für Mandanten. Dabei stehen folgende Maßnahmen im Fokus:
1. Präventive Finanzplanung für Unternehmen
- Frühzeitige Analyse der Kapitalstruktur und möglicher Finanzierungslücken.
- Nutzung von steuerlichen Optimierungen zur Liquiditätssicherung.
- Beratung zur Reduzierung von Fixkosten und Optimierung der Zahlungsströme.
Praxisbeispiel:
Ein mittelständisches Unternehmen aus dem Baugewerbe steht durch hohe Materialkosten und eine zurückhaltende Auftragssituation vor finanziellen Engpässen. Eine strategische Finanzplanung könnte hier durch Liquiditätsreserven, frühzeitige Nachfolgeregelungen oder steueroptimierte Rücklagen Abhilfe schaffen.
2. Private Vermögensabsicherung für Unternehmer und Verbraucher
- Notfallpläne für Liquiditätsengpässe erstellen.
- Möglichkeiten der Umschuldung oder frühzeitigen Anpassung von Kreditverträgen prüfen.
- Risikostreuung durch Diversifikation von Vermögenswerten.
Praxisbeispiel:
Ein selbstständiger Logistikunternehmer, der mit rückläufigen Aufträgen kämpft, kann durch eine frühzeitige Vermögensumschichtung und Rücklagenbildung eine private Insolvenz vermeiden.
3. Nachfolgeplanung unter Berücksichtigung von Krisenszenarien
- Prüfung der Unternehmensstruktur auf Krisenresistenz (z. B. Holding-Strukturen).
- Berücksichtigung von Insolvenzrisiken in der Unternehmensnachfolge.
- Erstellung von Exit-Strategien für Unternehmer, falls eine Nachfolge innerhalb der Familie nicht möglich ist.
Praxisbeispiel:
Ein Hotelbetrieb, der von der Familie weitergeführt werden soll, leidet unter der geringen Auslastung durch wirtschaftliche Unsicherheiten. Eine vorausschauende Übergabe könnte steuerlich optimiert und so gestaltet werden, dass die Nachfolger nicht mit hohen Schulden starten.
Checkliste für Finanz- und Nachfolgeplaner zur Krisenvorsorge
Schritt | Maßnahmen | Rechtliche Quellen |
---|---|---|
Unternehmensanalyse | Prüfung der Liquidität, Rentabilität und Kapitalstruktur. | § 252 HGB (Fortführungsprinzip) |
Prüfung von Finanzierungsoptionen | Frühzeitige Anpassung von Kreditverträgen oder Umschuldung. | § 17 InsO (Zahlungsunfähigkeit) |
Strategische Steuerplanung | Nutzung von Verlustvorträgen und steuerlichen Optimierungsmöglichkeiten. | § 10d EStG (Verlustverrechnung) |
Vermögensschutz für Privatpersonen | Aufbau von Liquiditätsreserven und Umschichtung von Vermögen. | § 850c ZPO (Pfändungsschutz) |
Krisenbewältigungsstrategien | Erstellung eines Notfallplans für Unternehmen und Privatpersonen. | § 1 InsO (Zweck der Insolvenzordnung) |
Nachfolgeregelung anpassen | Prüfung, ob bestehende Nachfolgestrategien an die wirtschaftliche Lage angepasst werden müssen. | § 6 ErbStG (Steuerbefreiungen für Unternehmensnachfolgen) |
Fazit
Die steigenden Insolvenzzahlen in Deutschland sind ein deutlicher Indikator für wirtschaftliche Herausforderungen, denen Unternehmen und Verbraucher gegenüberstehen. Finanz- und Nachfolgeplaner sollten diese Entwicklungen nutzen, um proaktiv Maßnahmen zur Krisenvermeidung zu ergreifen und Mandanten strategisch zu unterstützen. Eine vorausschauende Finanzplanung kann nicht nur Insolvenzen vermeiden, sondern auch für eine nachhaltige Vermögens- und Unternehmenssicherung sorgen.