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Testierfähigkeit bei Demenz: Was Finanz- und Nachfolgeplaner wissen sollten

Die Testierfähigkeit ist ein zentrales Thema in der Finanz- und Nachfolgeplanung, besonders bei Mandanten, die gesundheitliche Einschränkungen wie Demenz haben. Für Finanz- und Nachfolgeplaner ist es von entscheidender Bedeutung, die rechtlichen und medizinischen Aspekte der Testierfähigkeit zu verstehen, um rechtssichere und den Wünschen der Mandanten entsprechende Nachfolgeregelungen zu gewährleisten.

Das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Az. 8 O 97/24) liefert wertvolle Einsichten in die Beurteilung der Testierfähigkeit, insbesondere bei älteren Menschen mit Demenz. Dieses Urteil betont, dass Demenz nicht zwangsläufig zur Testierunfähigkeit führt und jede Situation individuell bewertet werden muss.

Demenz und Testierfähigkeit: Eine differenzierte Betrachtung

Demenz ist eine chronische Erkrankung, die sich auf Gedächtnis, Denkvermögen und Entscheidungsfindung auswirken kann. Doch nicht jede Form von Demenz führt automatisch zur Testierunfähigkeit. Die Schwere der Demenz ist entscheidend: Bei einer leichten Demenz kann eine Person noch fähig sein, ein rechtswirksames Testament zu verfassen, während bei mittelschwerer oder schwerer Demenz die geistigen Fähigkeiten oft nicht mehr ausreichen.

Die Einschätzung der Testierfähigkeit erfolgt meist durch ein medizinisches Gutachten, das den geistigen Zustand der betroffenen Person zu dem Zeitpunkt bewertet, an dem das Testament erstellt wurde. Finanz- und Nachfolgeplaner sollten ihre Mandanten stets dazu anregen, bei ersten Anzeichen von Demenz schnell zu handeln und gegebenenfalls ein ärztliches Gutachten einzuholen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Praxisnahe Beispiele aus der Finanz- und Nachfolgeplanung

Fallbeispiel: Die 90-jährige Erblasserin

Eine 90-jährige Frau mit leichter Demenz verfasste ein Testament, in dem sie ihr Anwesen dem Sohn einer Freundin vermachte. Der Testamentsvollstrecker focht das Testament an, da er Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin hatte. Das Gericht entschied jedoch, dass die vorgelegten Beweise nicht ausreichten, um die Testierunfähigkeit zu belegen. Dieser Fall verdeutlicht, dass der Grad der Demenz und die geistige Verfassung im Moment der Testamentserstellung detailliert dokumentiert und bewiesen werden müssen.

Beratungspraxis: Dokumentation und Vorsorgevollmacht

Finanz- und Nachfolgeplaner spielen eine entscheidende Rolle dabei, Mandanten frühzeitig auf Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen hinzuweisen. Diese Instrumente sichern nicht nur die Vermögensverwaltung und die gesundheitliche Versorgung ab, sondern verhindern auch spätere Rechtsstreitigkeiten. Die kontinuierliche Dokumentation der geistigen Fähigkeiten eines Mandanten – insbesondere durch ärztliche Gutachten – kann im Streitfall entscheidend sein.

Relevante rechtliche Aspekte

Die rechtliche Grundlage für die Testierfähigkeit in Deutschland ist im BGB § 2229 geregelt. Dieser Paragraf besagt, dass eine Person nur dann testierfähig ist, wenn sie die Bedeutung ihrer Erklärung versteht und in der Lage ist, frei von äußeren Einflüssen eine Entscheidung zu treffen.

Im Streitfall liegt die Beweislast für die Testierunfähigkeit beim Anfechtenden, also der Partei, die das Testament anfechtet. Ärztliche Gutachten spielen in solchen Fällen eine zentrale Rolle, da sie den geistigen Zustand der testierenden Person belegen können. Ein Planer sollte seine Mandanten darauf hinweisen, dass die Testierfähigkeit durch regelmäßige Untersuchungen gut dokumentiert werden sollte, um etwaige Anfechtungen zu vermeiden.

Relevanz für Finanz- und Nachfolgeplaner

Für Finanz- und Nachfolgeplaner ist es unerlässlich, sowohl die medizinischen als auch die rechtlichen Grundlagen der Testierfähigkeit zu verstehen. In der Praxis bedeutet das:

  1. Frühzeitige Beratung: Mandanten sollten frühzeitig über die Möglichkeiten der Testamentsgestaltung und der Vorsorgevollmachten informiert werden. Je früher solche Dokumente erstellt werden, desto eher lassen sich potenzielle Konflikte vermeiden.
  2. Medizinische Überwachung: Regelmäßige medizinische Untersuchungen bei Mandanten, die Anzeichen von Demenz aufweisen, sind entscheidend, um ihre Testierfähigkeit rechtlich abzusichern.
  3. Dokumentation: Eine lückenlose Dokumentation aller relevanten medizinischen und juristischen Aspekte kann im Falle eines Rechtsstreits von großer Bedeutung sein.

Checkliste für Finanz- und Nachfolgeplaner

SchrittBeschreibungRechtliche Quelle
1. Frühe PlanungErstellen von Vorsorgevollmachten und BetreuungsverfügungenBGB § 1901, § 1904
2. DokumentationRegelmäßige ärztliche Gutachten zur Beurteilung der kognitiven FähigkeitenBGB § 2229
3. BeratungsgesprächeAufklärung über die Bedeutung der Testierfähigkeit und rechtliche KonsequenzenBGB § 2229, § 2301
4. Beweislast beachtenIm Streitfall liegt die Beweislast beim AnfechtendenBGB § 2229
5. Fortlaufende ÜberprüfungRegelmäßige Überprüfung der Testierfähigkeit bei fortschreitender DemenzBGB § 2229

Fazit

Die Frage der Testierfähigkeit ist für Finanz- und Nachfolgeplaner von entscheidender Bedeutung, vor allem wenn Mandanten gesundheitliche Einschränkungen wie Demenz haben. Eine sorgfältige Planung und Dokumentation können dazu beitragen, Streitigkeiten zu verhindern und sicherzustellen, dass die Wünsche des Mandanten respektiert werden. Frühzeitige Vorsorge und eine enge Zusammenarbeit mit medizinischen Experten sind daher unerlässlich, um die Nachfolgeplanung sowohl rechtlich als auch praktisch zu sichern.

Durch eine umfassende Beratung und den Einsatz rechtlicher Instrumente wie Vorsorgevollmachten und regelmäßige Gutachten können Finanz- und Nachfolgeplaner sicherstellen, dass die Erbregelungen ihrer Mandanten rechtssicher und den individuellen Wünschen entsprechend umgesetzt werden.

Quellen:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 2229, § 1901
  • Urteil des Landgerichts Frankenthal (Az. 8 O 97/24)

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