
Viele Eltern möchten für ihre Kinder langfristig Vermögen aufbauen – sei es für die spätere Ausbildung, den ersten Immobilienkauf oder als finanzielle Absicherung. Doch wer thesaurierende ETFs oder andere Kapitalanlagen nutzt, um diesen Vermögensaufbau zu gestalten, könnte ungewollt eine teure Folge auslösen: die Pflicht zur eigenen Krankenversicherung des Kindes. Doch ab wann wird es kritisch, und welche Alternativen gibt es?
Familienversicherung und Einkommensgrenzen: Die Grundregel
Kinder können bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) der Eltern beitragsfrei mitversichert sein. Voraussetzung ist, dass ihr Einkommen eine festgelegte Grenze nicht überschreitet.
- Einkommensgrenze 2025: 535 € monatlich oder 6.420 € pro Jahr
- Achtung: Hierzu zählen nicht nur Einkünfte aus Arbeit, sondern auch Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden und fiktive Erträge wie die Vorabpauschale bei ETFs
Für Eltern, die größere Beträge für ihre Kinder in ETFs investiert haben, kann diese Einkommensgrenze schnell zum Problem werden.
Warum thesaurierende ETFs problematisch sein können
Thesaurierende ETFs schütten keine Dividenden aus, reinvestieren die Erträge aber automatisch. Dennoch erfasst das Steuerrecht diese nicht ausgeschütteten Erträge als fiktives Einkommen in Form der sogenannten Vorabpauschale. Diese Pauschale wird jährlich besteuert und zählt zur Einkommensgrenze für die Familienversicherung.
Rechenbeispiel: Ab wann ist die Familienversicherung gefährdet?
Die Höhe der Vorabpauschale berechnet sich nach folgender Formel: Vorabpauschale=Basiszins×0,7×ETF-Vermögen\text{Vorabpauschale} = \text{Basiszins} \times 0{,}7 \times \text{ETF-Vermögen}
- Basiszins 2024: 2,29 %
- Annahme ETF-Vermögen: 389.270 €
- Berechnung: 0,0229×0,7×389.270 €=6.240 €0{,}0229 \times 0{,}7 \times 389.270\ € = 6.240\ €
- Die steuerliche Freibetragsgrenze liegt bei 6.240 € (1.000 € Sparerpauschbetrag + 5.240 € Grundfreibetrag).
Folge: Wird diese Schwelle überschritten, fällt das Kind aus der Familienversicherung und muss sich selbst versichern.
Fondsgebundene Lebensversicherung als Alternative?
Eine fondsgebundene Lebensversicherung (Fondspolice) kann eine sinnvolle Alternative sein, da hier während der Laufzeit keine steuerlichen Kapitalerträge anfallen.
Vor- und Nachteile einer Fondspolice:
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Keine Vorabpauschale während der Laufzeit | Höhere Verwaltungskosten (ca. 1–2 % p.a.) |
Steuerfreie Umschichtungen möglich | Eingeschränkte Flexibilität |
Erbschaftsteuerlich vorteilhaft | Vertragsbindung meist über 12+ Jahre |
Praxistipp: Wenn das ETF-Vermögen des Kindes die 300.000-€-Marke übersteigt, sollte geprüft werden, ob eine Fondspolice eine sinnvolle Ergänzung oder Alternative sein könnte.
So vermeiden Sie den Verlust der Familienversicherung
Eltern können verschiedene Strategien nutzen, um zu verhindern, dass ihr Kind aus der beitragsfreien Familienversicherung herausfällt:
- Verteilung des Vermögens
- Statt einem großen ETF-Depot für ein Kind kann das Vermögen auf mehrere Kinder oder Anlageformen verteilt werden.
- Eine Investition in Einzelaktien, die keine Dividenden ausschütten, kann eine Alternative sein.
- Gezielte Nutzung von Freibeträgen
- Kapitalerträge unter 1.000 € pro Jahr bleiben durch den Sparerpauschbetrag steuerfrei.
- Thesaurierende ETFs mit niedriger Vorabpauschale können helfen, die Einkommensgrenze einzuhalten.
- Versicherungslösungen nutzen
- Fondspolicen oder Rentenversicherungen bieten eine Möglichkeit, Kapitalerträge steuerlich zu optimieren.
- Diese Produkte haben zwar Kosten, können aber langfristig Vorteile bringen.
- Jährliche Einkommensprüfung
- Die Einkommensgrenze sollte jährlich überprüft werden.
- Auch Nebenjobs, Zinsen oder andere Einkünfte müssen in die Planung einbezogen werden.
FAQ: Häufige Fragen zur Familienversicherung und Kapitalanlagen
1. Gilt die Vorabpauschale auch bei minderjährigen Kindern?
Ja, die Vorabpauschale wird dem Kind als steuerliches Einkommen zugerechnet – unabhängig vom Alter.
2. Können Verluste aus anderen Anlagen die Vorabpauschale ausgleichen?
Nein, die Vorabpauschale ist ein fiktives Einkommen, das nicht durch Verluste reduziert werden kann.
3. Was passiert, wenn die Einkommensgrenze überschritten wird?
Das Kind muss sich dann entweder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichern (ca. 220 € monatlich) oder in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln.
Fazit: Planung ist entscheidend
Der Vermögensaufbau für Kinder ist eine sinnvolle Strategie, sollte aber mit Weitsicht erfolgen. Insbesondere bei ETF-Investments kann die Vorabpauschale unerwartete steuerliche Konsequenzen haben. Eltern sollten spätestens ab einem Depotwert von 200.000 € eine individuelle Strategie prüfen.
Handlungsempfehlung für Finanzplaner:
✅ Prüfung ab 200.000 € Depotwert: Steuerberater und Krankenkasse einbinden.
✅ ETF-Depot ergänzen oder umstrukturieren: Alternative Anlageklassen erwägen.
✅ Frühzeitige Steueroptimierung: Fondspolicen oder gezielte Ausschüttungsstrategien nutzen.
Hinweis: Die Angaben basieren auf dem Stand 2025. Gesetzliche Änderungen sind möglich.
Checkliste: So vermeiden Sie die Krankenversicherungspflicht für Ihr Kind
Maßnahme | Beschreibung | Relevanz bei hohem ETF-Vermögen |
---|---|---|
Einkommensgrenze prüfen | Jährliche Überprüfung aller Einkünfte des Kindes | Hoch |
Verteilung des Vermögens | Aufteilung auf mehrere Kinder oder Anlageklassen | Mittel |
Alternative Anlageformen nutzen | Einzelaktien ohne Dividenden, Fondspolicen | Hoch |
Gezielte Ausschüttungsstrategie | Nutzung des 1.000 €-Sparerpauschbetrags | Mittel |
Versicherungslösungen prüfen | Fondspolice oder Rentenversicherung als Alternative | Hoch |
Steuerliche Beratung einholen | Individuelle Optimierung mit Steuerberater abstimmen | Sehr hoch |
Mit einer durchdachten Strategie können Eltern den Vermögensaufbau für ihre Kinder optimal gestalten, ohne ungewollt die Krankenversicherungspflicht auszulösen. Die frühzeitige Planung und eine enge Abstimmung mit Steuerberatern und Finanzplanern sind essenziell, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.