Hinweis: Dieser Beitrag fasst zentrale Impulse und Erfahrungswerte aus dem 5. Wissensforum Heilberufe zusammen.
Stellen Sie sich den Moment nach 30, vielleicht 40 Jahren vor: Sie schließen zum allerletzten Mal Ihre Praxistür ab. Ein ganzes Berufsleben hinter sich – und die Frage, die am nächsten Tag auf Sie wartet, ist nicht nur organisatorisch, sondern zutiefst persönlich: Wie übergebe ich mein Lebenswerk so, dass es weiterlebt?
Praxisnachfolge ist kein trockener Geschäftsvorgang. Sie ist die Krönung eines Lebenswerks – mit enormen emotionalen und finanziellen Einsätzen. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie Ihre Übergabe strategisch, rechtlich und menschlich so gestalten, dass Ihr Werk in guten Händen bleibt.
Der absolut entscheidende erste Schritt: Was ist Ihre Praxis wirklich wert?
Bevor Sie an Übergabe denken, brauchen Sie das Fundament: den objektiven Wert Ihrer Praxis.
- Preis vs. Wert: Der Preis ist, was ein Käufer heute zahlen will – vom Markt getrieben. Der Wert ist eine objektive Größe, die auf den zukünftigen, nachhaltigen Erträgen Ihrer Praxis beruht.
- Modifiziertes Ertragswertverfahren: Der in Deutschland etablierte Standard blickt nach vorn. Bewertet werden die realistisch erwartbaren, dauerhaften Gewinne, die ein Nachfolger erzielen kann. Ergebnis: ein übertragbarer, fundierter Praxiswert statt Bauchgefühl.
Impuls aus dem 5. Wissensforum Heilberufe: Bewertungsexperte Frank Boos betonte, dass Preis und Wert „zwei verschiedene Paar Schuhe“ sind – und dass die saubere Ableitung des Werts die Basis jeder seriösen Verhandlung bildet.
Tipp: Trennen Sie sauber zwischen „Marktpreis“ (Verhandlung) und „Wert“ (Bewertung). Das sorgt für Klarheit in Gesprächen mit Interessenten, Banken und Beratern.
Vom Wert zur Übergabe: Die Strategie als Landkarte
Die Planung der Nachfolge ist ein Marathon, kein Sprint. Eine klare Struktur verhindert teure Fehler. Eine bewährte Roadmap umfasst:
- Leitbild und Zielbild
- Was soll erhalten bleiben? Was darf sich verändern?
- Zeitplan definieren: Enddatum, Übergangsphase, Rolle nach der Übergabe.
- Finanzen
- Liquiditäts- und Investitionsplanung für beide Seiten.
- Steuerliche Gestaltung: Verkaufsstruktur, Privatisierung von Vermögenswerten, Altersvorsorge.
- Kommunikation
- Frühzeitig und offen mit Familie, Team, Patienten, Partnern.
- Botschaften und Timing festlegen, Multiplikatoren einbinden.
- Operations und Abrechnung
- Prozesse dokumentieren, Kennzahlen sichtbar machen.
- Go-Live-Plan für IT, Abrechnung, Qualitätsmanagement.
- Rechtliche Übergabe
- Verträge, Genehmigungen, Zulassungen, Haftung, Gewährleistungen.
- Klarheit zu Verantwortlichkeiten während der Übergangszeit.
Aus dem 5. Wissensforum Heilberufe: Strategie-Expertin Heike Junge-Rappenberg strukturierte diese Schritte als „Landkarte der Nachfolge“, die Orientierung und Prioritäten gibt.
Erstellen Sie einen Meilensteinplan mit Zuständigkeiten – und halten Sie ihn sichtbar für alle Beteiligten.
Die Bank als strategischer Partner – nicht als Hürde
Eine frühzeitige, offene Finanzplanung macht die Übergabe oft erst möglich – für Abgebende und Nachfolger gleichermaßen.
- Bonität und Finanzierung: Transparent vorbereiten, Cashflows herleiten, Sicherheiten strukturieren.
- Realistische Annahmen: Bankgespräche basieren auf Zahlen, aber überzeugen durch belastbare Narrative (Fallstricke adressieren, Chancen belegen).
- Win-Win-Struktur: Kaufpreis, Earn-out, Übergangsvergütung und Investitionsplan aufeinander abstimmen.
Impuls vom 5. Wissensforum Heilberufe: Stefan Wagner (mediserf Bank) riet, die Bank frühzeitig als Sparringspartner zu nutzen, um Finanzierbarkeit und Zukunftsfähigkeit in Einklang zu bringen.
Ziel: Finanzierbarkeit sichern, ohne die Zukunft der Praxis zu belasten.
Rechtliche Fallstricke: Form folgt Struktur
Je nach Praxisform unterscheiden sich die juristischen Anforderungen deutlich:
- Einzelpraxis
- Übertragung der Zulassung, Inventar, Patientenstamm.
- Klare Kaufverträge, Haftungsausschlüsse, Wettbewerbsverbote.
- Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)
- Gesellschaftsvertrag ist maßgeblich: Eintritt/Austritt, Abfindung, Stimmenrechte.
- Sorgfältige Regelungen zur Gewinnverteilung, Entscheidungsprozessen, Nachfolgeklauseln.
- Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)
- Gesellschaftsrecht im Fokus: Anteilskäufe/-verkäufe, Corporate Governance.
- Strukturierte Compliance, Gremienentscheidungen, Vertragsketten.
Einordnung aus dem 5. Wissensforum Heilberufe: Dr. Moritz Ulrich zeigte klar auf, wie stark die Fallstricke je nach Struktur variieren – und warum spezialisierter Rechtsbeistand unverzichtbar ist.
Merke: Ohne spezialisierten Rechtsbeistand geht es nicht. Früh einbinden, nicht erst zur Vertragsunterschrift.
Der menschliche Faktor: Loslassen ist Arbeit
Was nützt der beste Vertrag, wenn die emotionalen Weichen falsch gestellt sind?
- Loslassen vorbereiten
- Persönliches Rollenbild klären: Mentor, Berater, Teilzeit?
- Identitätswechsel aktiv gestalten: vom „Praxisinhaber“ zu neuen Lebenszielen.
- Kommunikation mit Familie und Team
- Ängste adressieren, Perspektiven bieten.
- Kultur und Werte explizit machen: Was ist „nicht verhandelbar“, was darf neu werden?
- Der passende Nachfolger
- Fachlich exzellent, kulturell passend, menschlich anschlussfähig.
- Probetage, Hospitationen, Feedbackrunden – nicht nur Zeugnisse und CVs.
Erfahrungswert aus dem 5. Wissensforum Heilberufe: Dr. Michael Diefenbach brachte es auf den Punkt – ohne emotionales Alignment helfen die besten Verträge wenig. Früh anfangen, offen reden, bewusst loslassen.
Nach der Unterschrift: Der neue Anfang
Die Übergabe ist nicht das Ende, sondern der Beginn eines nächsten Kapitels – für beide Seiten.
- Vernetzte Planung
- Praxisfinanzen, Privatvermögen, Altersvorsorge, Lebensziele: zusammen denken, nicht getrennt.
- Liquiditäts- und Entnahmestrategie, Steuerplanung, Risiko- und Absicherungskonzept verzahnen.
- Unternehmerischer Mindset-Shift
- Ärztinnen und Ärzte sind heute beides: exzellente Mediziner und kluge Unternehmer.
- Fokus nach der Übergabe: Management, Führung, Strategie, Digitalisierung, Employer Branding.
Impulse vom 5. Wissensforum Heilberufe: Finanzplaner Christopher Kramer plädierte für eine integrierte Sicht auf Praxis und Privatleben. Michael Auer betonte den nötigen Mindset-Wandel hin zu mehr Management- und Führungsfokus.
Unabhängigkeit in der Beratung: Ihr Schutzschild
Achten Sie bei allen Quellen und Partnern auf Unabhängigkeit. Neutraler Rat schützt vor Produktinteressen – und ist oft die beste Investition in Ihr Lebenswerk.
Transparenzhinweis: Die hier zusammengefassten Erkenntnisse stammen aus dem 5. Wissensforum Heilberufe, das sich bewusst über eine moderate Teilnehmergebühr finanziert, um 100 Prozent neutralen, unabhängigen Rat zu gewährleisten.
Ihre Checkliste für die Praxisnachfolge
- Zielbild und Zeitplan definiert
- Objektive Bewertung (Ertragswert) durchgeführt
- Steuer- und Finanzstrategie abgestimmt
- Bank frühzeitig eingebunden, Finanzierung modelliert
- Rechtsform-spezifische Themen geklärt, Verträge vorbereitet
- Kommunikationsplan für Team, Patienten, Partner
- Operative Übergabe (IT, Abrechnung, QM) terminiert
- Nachfolger kulturell geprüft, Hospitationen erfolgt
- Persönliche Rollen- und Lebensplanung nach der Übergabe fixiert
- Unabhängige Beratung sichergestellt
Fazit: Menschen, Ideen, Möglichkeiten verbinden
Praxisnachfolge ist niemals ein Alleingang. Sie verbindet Menschen mit Menschen, Menschen mit neuen Ideen und Menschen mit neuen Möglichkeiten. Wenn Sie Wert, Strategie, Recht und Emotionen als Ganzes denken – und unabhängige Partner an Ihrer Seite haben – wird die Übergabe zur echten Krönung Ihres Lebenswerks.
Wenn Sie möchten, unterstütze ich Sie als Senior Wealth Planner gern bei Bewertung, Finanzstruktur und vernetzter Planung – praxisnah, unabhängig und mit klarem Blick auf Ihre persönlichen Ziele.