
Die Unternehmensnachfolge gehört zu den komplexesten Herausforderungen, mit denen sich mittelständische Unternehmer konfrontiert sehen. Ein zentraler Bestandteil dieses Prozesses ist der Unternehmensverkauf, auch als M&A-Prozess (Mergers & Acquisitions) bekannt. Für Finanz- und Nachfolgeplaner ist es entscheidend, die typischen Phasen und Stolpersteine zu kennen, um Mandanten bestmöglich zu beraten und den Erfolg zu sichern. Dieser Beitrag beleuchtet den M&A-Prozess aus Sicht der Finanz- und Nachfolgeplanung und bietet konkrete Handlungsempfehlungen für eine strukturierte Vorgehensweise.
Phasen des M&A-Prozesses im Überblick
Der Unternehmensverkauf lässt sich in vier wesentliche Phasen unterteilen: Vorbereitung, Marktphase, Prüfung (Due Diligence) und Verhandlung. Jede dieser Phasen hat ihre eigenen Herausforderungen und benötigt eine durchdachte Planung und Umsetzung. Der durchschnittliche Zeitrahmen für einen vollständigen Transaktionsprozess beträgt sechs bis zwölf Monate, wobei komplexere Prozesse auch länger dauern können.
1. Vorbereitung: Den Weg für den Verkauf ebnen
Die Vorbereitungsphase beginnt mit der Entscheidung des Unternehmers, sein Unternehmen zu veräußern. Diese Phase ist geprägt von strategischen Überlegungen und organisatorischen Schritten, um das Unternehmen verkaufsfähig zu machen. Besonders wichtig ist es, sich frühzeitig zu entscheiden, ob der Verkaufsprozess selbstständig oder mit professioneller Unterstützung durchgeführt werden soll.
Praxisbeispiel: Ein mittelständischer Maschinenbauer entschied sich, den Verkaufsprozess allein zu steuern, unterschätzte jedoch den Zeitaufwand und musste letztlich einen M&A-Berater beauftragen, um die Verhandlungen fortzuführen. Diese Entscheidung verzögerte den gesamten Prozess und führte zu einem niedrigeren Kaufpreis, da potenzielle Käufer bereits abgesprungen waren.
Wichtige Schritte in der Vorbereitungsphase:
- Erstellung einer klaren Verkaufsstrategie und Festlegung der Prioritäten (Kaufpreis, Erhalt der Arbeitsplätze, strategische Überlegungen).
- Unternehmensbewertung durch externe Gutachter, um realistische Preisvorstellungen zu entwickeln.
- Identifikation und Aufbereitung aller relevanten Unterlagen (Jahresabschlüsse, steuerliche Dokumente, Verträge).
- Entscheidung über die Art der Unterstützung (M&A-Berater, Makler, Rechtsanwälte).
2. Marktphase: Suche nach geeigneten Käufern
Die Marktphase beginnt mit der Ansprache potenzieller Käufer und endet mit dem Erhalt erster Angebote. Je nach Größe und Art des Unternehmens kann die Suche nach dem richtigen Käufer unterschiedlich komplex sein. Hierbei kommen Instrumente wie der „Teaser“ (anonymisierte Unternehmensvorstellung) und das „Exposee“ (detaillierte Unternehmenspräsentation) zum Einsatz.
Checkliste: Inhalte eines Teasers
- Anonyme Darstellung der Unternehmenskennzahlen.
- Beschreibung der Geschäftstätigkeit und Marktposition.
- Hinweis auf besondere Stärken und Wachstumspotenziale.
- Vorgaben zu Transaktionsform und Verhandlungsbereitschaft.
Praxisbeispiel: Ein Automobilzulieferer aus Bayern veröffentlichte seinen Teaser anonym in einer Unternehmensbörse. Aufgrund unklarer Angaben stieß die Veröffentlichung auf geringes Interesse. Erst nach Überarbeitung der Beschreibung und Hinzunahme eines spezialisierten M&A-Beraters konnte ein strategischer Investor gefunden werden.
3. Prüfungsphase: Die Due Diligence als Grundlage für erfolgreiche Verhandlungen
In der Prüfungsphase, auch Due Diligence genannt, werden die finanziellen, rechtlichen und operativen Aspekte des Unternehmens genau untersucht. Hierdurch erhält der potenzielle Käufer einen tiefen Einblick in die Stärken und Schwächen des Unternehmens.
Empfohlene Prüffelder:
- Finanzprüfung: Bilanz, GuV, Cashflow-Analyse.
- Steuerliche Prüfung: Rückstellungen, offene Verbindlichkeiten.
- Rechtliche Prüfung: Verträge, Haftung, rechtliche Risiken.
- Operative Prüfung: Produktionsprozesse, Lieferketten, Kundenbeziehungen.
Praxisbeispiel: Ein Familienunternehmen aus der Lebensmittelbranche stellte während der Due Diligence fest, dass es versteckte steuerliche Risiken gibt. Diese Risiken führten letztlich dazu, dass der potenzielle Käufer sein Angebot um 15 % senkte.
4. Verhandlung & Abschluss: Auf die Feinheiten kommt es an
Die finale Phase umfasst die eigentlichen Verkaufsverhandlungen und das Festhalten aller vertraglichen Bedingungen. Hier werden oft noch einmal Nachverhandlungen geführt, die den Preis und die Bedingungen des Verkaufs erheblich beeinflussen können. Eine gründliche Vorbereitung und ein klares Verständnis der eigenen Verhandlungsposition sind hierbei entscheidend.
Typische Inhalte eines Unternehmenskaufvertrags:
- Detaillierte Beschreibung des Kaufgegenstands (Share-Deal vs. Asset-Deal).
- Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten.
- Übergangsregelungen für Rechte und Pflichten.
- Wettbewerbsverbote und Rücktrittsrechte.
Praxisbeispiel: Ein internationaler Investor versuchte in letzter Minute, den Kaufpreis um 5 % zu reduzieren, indem er drohte, das Closing zu verzögern. Der Verkäufer, der sich frühzeitig auf solche Szenarien vorbereitet hatte, blieb standhaft und konnte den ursprünglich vereinbarten Preis durchsetzen.
Fazit und Handlungsempfehlungen für Finanz- und Nachfolgeplaner
Ein erfolgreicher Unternehmensverkauf erfordert sorgfältige Planung, professionelle Unterstützung und eine strategische Verhandlungsführung. Finanz- und Nachfolgeplaner spielen hierbei eine entscheidende Rolle, indem sie Unternehmer frühzeitig für die Herausforderungen sensibilisieren, einen transparenten Prozess sicherstellen und für eine faire Bewertung eintreten. Mit den richtigen Vorbereitungen und einem klaren strategischen Fokus können Nachfolgeprozesse so gestaltet werden, dass sowohl der Verkäufer als auch der Käufer nachhaltig profitieren.
Checkliste für Finanz- und Nachfolgeplaner
Schritt | Beschreibung | Rechtliche Quelle/Verweise |
---|---|---|
1. Unternehmensbewertung | Durchführung einer fundierten Unternehmensbewertung durch externe Gutachter | IDW S1 Standard für Unternehmensbewertung |
2. Festlegung der Prioritäten | Definieren der Verkaufsstrategie und Prioritäten (z.B. Kaufpreis, Arbeitsplatzerhalt) | Unternehmensstrategie / Leitbild |
3. Auswahl der Berater | Entscheidung über die Hinzunahme von M&A-Beratern, Maklern und Rechtsanwälten | Berufszulassung für M&A-Berater, Rechtsanwälte etc. |
4. Aufbereitung der Unterlagen | Erstellung eines Datenraums mit allen relevanten Dokumenten | Handels- und Steuerrecht |
5. Anonymisierte Ansprache | Veröffentlichung eines Teasers in Unternehmensbörsen oder Direktansprache | Wettbewerbsrecht, Datenschutz |
6. Vertragsverhandlung | Verhandlung der Vertragskonditionen, einschließlich Kaufpreis, Garantien und Wettbewerbsverbot | Vertragsrecht (HGB, BGB) |
7. Abschluss und Integration | Vertragsabschluss und Übergabe des Unternehmens, Planung der Integration | Post Merger Integration (PMI), Begleitung durch Berater |
Hinweis: Diese Checkliste bietet eine Übersicht der wichtigsten Schritte im M&A-Prozess und ist kein Ersatz für eine individuelle Beratung durch qualifizierte Fachleute.