
Die gesetzliche Altersrente in Deutschland sieht aktuell ein Renteneintrittsalter von 67 Jahren für alle ab dem Jahr 1964 geborenen vor. Doch es gibt legale Möglichkeiten, diesen Zeitpunkt nach vorn zu verlegen – sei es durch geschickte Planung, alternative Einkommensquellen oder gezielte Investitionen. Dieser Beitrag stellt die neun wichtigsten Strategien vor, mit denen Finanz- und Nachfolgeplaner ihren Mandanten helfen können, den Ruhestand früher zu erreichen.
1. Arbeitslosengeld als Brücke zur Rente nutzen
Grundprinzip: Arbeitslosengeld I (ALG I) kann eine Möglichkeit sein, die Zeit bis zur Rente zu überbrücken, ohne direkt auf private Rücklagen zugreifen zu müssen. Dabei zahlt die Agentur für Arbeit weiterhin Rentenbeiträge, sodass keine Lücke in der Rentenversicherung entsteht.
Gesetzliche Regelung:
Nach § 136 SGB III haben Arbeitnehmer, die in den vergangenen zwei Jahren mindestens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben, Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Die maximale Bezugsdauer beträgt:
- bis 50 Jahre: max. 12 Monate ALG I
- ab 50 Jahre: max. 15 Monate ALG I
- ab 55 Jahre: max. 18 Monate ALG I
- ab 58 Jahre: max. 24 Monate ALG I
Beispiel:
Ein 61-jähriger Arbeitnehmer wird betriebsbedingt gekündigt. Er erhält 24 Monate ALG I, sodass er mit 63 Jahren in die Rente für langjährig Versicherte gehen kann.
Wichtige Hinweise:
- Wer selbst kündigt, erhält eine Sperrzeit von 12 Wochen (§ 159 SGB III).
- Während des ALG-I-Bezugs müssen Bewerbungsbemühungen nachgewiesen werden.
2. Frühzeitige Rente mit unbegrenztem Zuverdienst
Grundprinzip: Seit 2023 können vorgezogene Altersrentner unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird.
Gesetzliche Regelung:
Nach § 34 SGB VI gibt es für Rentner mit vorgezogener Altersrente keine Hinzuverdienstgrenzen mehr.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer geht mit 63 Jahren in Rente und erhält aufgrund eines Rentenabschlags nur 1.200 EUR monatlich. Gleichzeitig arbeitet er in Teilzeit weiter und verdient 2.000 EUR netto. Da es keine Einkommensgrenze mehr gibt, bleibt seine Rente ungekürzt.
3. Private Vorsorge – Kapital frühzeitig aufbauen
Grundprinzip: Langfristige Investitionen in ETFs, Immobilien oder betriebliche Altersvorsorge helfen dabei, frühzeitig Vermögen für den Ruhestand aufzubauen.
Gesetzliche Regelung:
- Altersvorsorgebeiträge sind steuerlich absetzbar (§ 10a EStG).
- Kapitalerträge aus Altersvorsorgeprodukten unterliegen der Abgeltungssteuer (§ 32d EStG).
Beispiel:
Ein 30-Jähriger legt monatlich 200 EUR in einen breit gestreuten ETF mit 6 % Rendite an. Nach 35 Jahren hat er ca. 270.000 EUR zur Verfügung.
4. Rente für besonders langjährig Versicherte (45 Beitragsjahre)
Grundprinzip: Wer mindestens 45 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, kann zwei Jahre früher ohne Abschläge in Rente gehen.
Gesetzliche Regelung:
Gemäß § 236b SGB VI dürfen Personen mit mindestens 45 Beitragsjahren bereits mit 65 Jahren in Rente gehen.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer, der seit seinem 19. Lebensjahr ununterbrochen versicherungspflichtig beschäftigt ist, erreicht mit 64 Jahren die 45 Beitragsjahre. Er kann somit mit 65 abschlagsfrei in Rente gehen.
5. Rentenabschläge akzeptieren – Wann lohnt es sich?
Grundprinzip: Jeder Monat vorgezogener Rentenbeginn bedeutet einen Abschlag von 0,3 %. Dennoch kann sich dies lohnen, da die Rente früher bezogen wird.
Gesetzliche Regelung:
Gemäß § 77 SGB VI beträgt der maximale Abschlag 14,4 % (bei vier Jahren früherer Rente).
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer hätte mit 67 Jahren Anspruch auf 1.500 EUR Rente. Durch die vorzeitige Rente mit 63 Jahren reduziert sich der Betrag auf 1.284 EUR. Allerdings erhält er die Rente vier Jahre länger.
6. Kontenklärung vornehmen – Rentenlücken vermeiden
Grundprinzip: Viele Rentenkonten enthalten Lücken, die zu einer niedrigeren Rente führen können.
Gesetzliche Regelung:
Nach § 149 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf eine Kontenklärung.
Beispiel:
Ein Versicherter stellt fest, dass seine Schul- und Studienzeiten nicht berücksichtigt wurden. Nach Antragstellung werden ihm drei zusätzliche Jahre als Wartezeit anerkannt.
7. Rentenpunkte kaufen – Lohnt sich das?
Grundprinzip: Wer vorzeitig in Rente geht, kann durch freiwillige Beiträge Abschläge ausgleichen.
Gesetzliche Regelung:
Nach § 187a SGB VI können ab 50 Jahren Rentenpunkte durch Sonderzahlungen gekauft werden.
8. Arbeitszeitkonto für flexible Rentenplanung
Grundprinzip: Mit einem Arbeitszeitkonto können Überstunden angespart werden, um früher in Rente zu gehen.
Gesetzliche Regelung:
Nach § 7b SGB IV sind Arbeitszeitkonten zulässig, wenn sie arbeitsvertraglich geregelt sind.
9. Altersteilzeit als sanfter Übergang in die Rente
Grundprinzip: Mit Altersteilzeit können Arbeitnehmer früher in den Ruhestand wechseln, ohne sofort auf Einkommen zu verzichten.
Gesetzliche Regelung:
Die Altersteilzeit ist in § 2 Altersteilzeitgesetz (AltTZG) geregelt.
Checkliste: Die besten Strategien für eine frühzeitige Rente
Strategie | Voraussetzung | Gesetzliche Grundlage | Vorteile |
---|---|---|---|
ALG I nutzen | Mind. 12 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt | § 136 SGB III | Rentenbeiträge werden weitergezahlt |
Frührente + Zuverdienst | Mind. 35 Beitragsjahre | § 34 SGB VI | Unbegrenzter Zuverdienst möglich |
Private Vorsorge | Frühzeitige Investition in ETFs, Immobilien | § 10a EStG | Steuerliche Vorteile |
45 Beitragsjahre erreichen | Mind. 45 Jahre Beitragszeit | § 236b SGB VI | Abschlagsfreier Rentenbeginn mit 65 |
Rentenpunkte kaufen | Mindestalter 50 Jahre | § 187a SGB VI | Rentenkürzungen ausgleichen |
Altersteilzeit | Mind. 55 Jahre alt | § 2 AltTZG | Sanfter Übergang in den Ruhestand |
Fazit
Mit einer klugen Planung und der Nutzung der richtigen gesetzlichen Möglichkeiten können viele Menschen ihre Rente früher genießen. Finanz- und Nachfolgeplaner sollten ihren Mandanten dabei helfen, individuelle Lösungen zu finden, die finanziell und rechtlich sinnvoll sind.