Die Finanz- und Nachfolgeplanung lebt von langfristigen Kundenbeziehungen. Doch nicht jeder Kunde trägt gleichermaßen zur Rentabilität eines Unternehmens bei. Finanzplaner stehen daher vor der Herausforderung, unrentable Mandate zu identifizieren und sich respektvoll von ihnen zu trennen, ohne die Reputation oder Kundenbeziehungen zu beschädigen. Das Konzept des „Graduierens“ von Kunden, das Tim Goodwin in seinem Unternehmen umgesetzt hat, bietet hierfür einen praktikablen und wertschätzenden Ansatz.
Warum ist das Graduieren von Kunden notwendig?
Nicht alle Kundenbeziehungen sind wirtschaftlich sinnvoll. Einige Mandate verursachen aufgrund geringer Honorare und hoher Serviceanforderungen Kosten, die nicht gedeckt werden. Dies kann langfristig die gesamte betriebswirtschaftliche Effizienz des Unternehmens gefährden.
Die Identifikation unrentabler Kunden erfolgt oft durch eine Analyse der internen Kostenstruktur. Faktoren wie Beratungsaufwand, Verwaltungsarbeit und Compliance-Anforderungen müssen dabei berücksichtigt werden. Finanzplaner, die diesen Schritt systematisch umsetzen, können ihre Ressourcen gezielt auf Mandanten mit höherem Beratungsbedarf und entsprechender Vergütung ausrichten.
Praxisbeispiel: Die Umsetzung eines abgestuften Service-Modells
Anstatt Kunden abrupt auszusortieren, hat Goodwin Investment Advisory verschiedene Serviceoptionen geschaffen:
- Mindestgebühren: Kunden, die weiterhin eine enge Betreuung wünschen, müssen eine Mindestgebühr akzeptieren.
- Modell nach Stundenhonorar: Weniger beratungsintensive Kunden können bedarfsweise Unterstützung erhalten, zahlen aber nur für genutzte Dienstleistungen.
- Alternativen aufzeigen: Kunden, die keine der neuen Optionen akzeptieren, werden bei der Suche nach alternativen Beratern unterstützt.
Diese Methoden ermöglichen eine sanfte Transition und signalisieren den Kunden, dass sie weiterhin geschätzt werden – auch wenn sich die geschäftlichen Rahmenbedingungen ändern.
Kommunikation: Der Schlüssel zu einem reibungslosen Übergang
Ein zentrales Element in diesem Prozess ist die richtige Kommunikation. Anstelle unpersönlicher Kündigungen per E-Mail empfiehlt sich eine individuelle Ansprache. Direkte Gespräche helfen dabei, Verständnis für die Neustrukturierung zu schaffen und Widerstände zu minimieren.
Ein effektiver Kommunikationsansatz könnte folgendermaßen aussehen:
- Transparenz: Ehrliche Darstellung der wirtschaftlichen Notwendigkeit hinter der Entscheidung.
- Wertschätzung: Betonung der bisherigen Zusammenarbeit und des Respekts für die Kundenbeziehung.
- Optionen: Bereitstellung von Alternativen, damit der Kunde selbst eine Wahl treffen kann.
Auswirkungen auf Rentabilität und Kundenzufriedenheit
Erfahrungen zeigen, dass Unternehmen, die ihre Kundenstruktur bewusst anpassen, langfristig profitabler arbeiten. Goodwin Investment Advisory konnte durch diesen Ansatz die Gewinnmarge innerhalb von zwei Jahren von 7 % auf 23 % steigern. Gleichzeitig sorgte die transparente Kommunikation dafür, dass viele Kunden die Entscheidung nachvollziehen konnten und positiv darauf reagierten.
Für Finanz- und Nachfolgeplaner in Deutschland bedeutet dies: Ein gut durchdachtes Service-Redesign kann nicht nur die Wirtschaftlichkeit verbessern, sondern auch die Qualität der Mandatsbeziehungen stärken.
Checkliste: Kunden respektvoll graduieren
Schritt | Beschreibung | Relevante rechtliche Aspekte |
---|---|---|
1. Kostenanalyse durchführen | Berechnung des tatsächlichen Betreuungsaufwands pro Kunde. Identifikation unrentabler Mandate. | Steuerrechtliche Vorgaben zur Vergütung beachten. |
2. Service-Modelle anpassen | Einführung von Mindesthonoraren oder alternativen Honorarmodellen. | Vertragsrechtliche Anpassung der Mandatsvereinbarungen erforderlich. |
3. Individuelle Kundenkommunikation | Persönliche Gespräche oder Video-Calls, um die Änderungen transparent zu vermitteln. | Dokumentation der Kommunikation für Compliance-Zwecke. |
4. Alternativen anbieten | Unterstützung bei der Suche nach alternativen Beratern oder Dienstleistungen. | DSGVO-konforme Weitergabe von Kundendaten sicherstellen. |
5. Nachbetreuung | Sicherstellen, dass Kunden sich nicht „abgespeist“ fühlen, sondern eine zufriedenstellende Lösung erhalten haben. | Vermeidung von Haftungsrisiken durch sorgfältige Dokumentation. |
Ein durchdachtes und kundenfreundliches Vorgehen zahlt sich aus – sowohl für die Unternehmensstrategie als auch für die Kundenbindung.