Viele Menschen ziehen aus verschiedenen Gründen aus Deutschland weg. Doch welche steuerlichen Konsequenzen hat dies, insbesondere in Bezug auf Erbschafts- und Schenkungssteuern? Auch wenn man keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hat, bedeutet das nicht automatisch, dass man von diesen Steuern befreit ist. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Regelungen und gibt wertvolle Hinweise für Betroffene.
Bedeutung der Inländereigenschaft für Erben und Schenker
Das deutsche Erbschaftsteuergesetz knüpft die Steuerpflicht an die sogenannte Inländereigenschaft. Eine Person gilt als Inländer, wenn sie in Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Definition von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt
- Wohnsitz: Eine Person hat einen Wohnsitz dort, wo sie eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie diese beibehalten und regelmäßig nutzen wird. Objektive Indikatoren wie die Vermietung der Wohnung oder deren Verkauf deuten darauf hin, dass kein Wohnsitz mehr besteht.
- Gewöhnlicher Aufenthalt: Dies ist der Ort, an dem sich eine Person unter Umständen aufhält, die darauf hinweisen, dass sie dort nicht nur vorübergehend verweilt.
Wenn diese Inländereigenschaft gegeben ist, unterliegt das gesamte Vermögen, das durch Erbschaft oder Schenkung übertragen wird, der deutschen Erbschaft- und Schenkungssteuer, unabhängig vom Standort der Gegenstände.
Beschränkte Steuerpflicht bei fehlendem Inlandswohnsitz
Falls weder ein Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland besteht, wird das Vermögen prinzipiell nicht der deutschen Steuerpflicht unterworfen. Allerdings greift in solchen Fällen die beschränkte Steuerpflicht, die sich auf Inlandsvermögen bezieht. Dazu gehören zum Beispiel inländisches Grundvermögen, Betriebsvermögen und unter bestimmten Bedingungen auch Gesellschaftsanteile. Das bedeutet, dass nur das in Deutschland befindliche Vermögen besteuert wird.
Übergangsphase und erweiterte Steuerpflicht nach dem Wegzug
Mit dem Wegzug aus Deutschland endet der gewöhnliche Aufenthalt, und oft wird auch der Wohnsitz aufgegeben. Doch die unbeschränkte Steuerpflicht endet nicht sofort. Das deutsche Steuerrecht sieht eine Übergangsphase vor, die sogenannte erweiterte unbeschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht.
Die Fünfjahresregelung
Deutsche Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, gelten bis zu fünf Jahre nach ihrem Wegzug weiterhin als Inländer, solange sie keinen Wohnsitz mehr in Deutschland haben. Das bedeutet, dass sie mit ihrem gesamten Vermögen, das durch Erbschaft oder Schenkung übertragen wird, der deutschen Steuerpflicht unterliegen, nicht nur mit dem Inlandsvermögen.
Praxisfall zur Fünfjahresregelung
Beispiel:
Herr Müller, ein deutscher Staatsangehöriger, beschließt, nach Portugal zu ziehen. Er verkauft seine Wohnung in Deutschland und erwirbt eine neue Immobilie in Portugal. Im Jahr nach seinem Umzug schenkt er seiner Tochter, die in Deutschland lebt, eine erhebliche Summe Geld.
Obwohl Herr Müller seinen Wohnsitz nach Portugal verlegt hat, gilt er aufgrund der Fünfjahresregelung weiterhin als Inländer im Sinne des deutschen Erbschaftsteuergesetzes. Das bedeutet, dass die Schenkung an seine Tochter der deutschen Schenkungssteuer unterliegt, da Herr Müller seinen Wohnsitz erst vor einem Jahr aufgegeben hat.
Wichtige Hinweise zur Planung eines Wegzugs
Die Fünfjahresfrist sollte bei größeren Schenkungen unbedingt beachtet werden. Zudem ist es entscheidend, tatsächlich den Wohnsitz in Deutschland aufzugeben. Andernfalls beginnt die Fünfjahresfrist nicht zu laufen. Behalten deutsche Staatsangehörige beispielsweise ihr Haus in Deutschland und vermieten es nicht, bleibt der Wohnsitz bestehen und somit auch die unbeschränkte Steuerpflicht für das gesamte Vermögen, einschließlich des im Ausland erworbenen.
Wer plant, Deutschland dauerhaft zu verlassen, sollte dies gründlich vorbereiten, auch aus steuerlicher Sicht. Da die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nur für deutsche Staatsangehörige gilt, könnte sogar die Aufgabe der Staatsangehörigkeit in Betracht gezogen werden – ein großer Schritt, der gut überlegt sein muss.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
1. Was passiert, wenn ich meinen Wohnsitz wieder nach Deutschland verlege?
- Wenn Sie innerhalb der fünf Jahre nach dem Wegzug nach Deutschland zurückkehren und dort wieder einen Wohnsitz anmelden, wird die unbeschränkte Steuerpflicht nahtlos fortgesetzt.
2. Gilt die Fünfjahresregelung auch für ausländische Staatsangehörige?
- Nein, die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht betrifft ausschließlich deutsche Staatsangehörige.
3. Was ist, wenn ich mein Vermögen in ein anderes Land verlege?
- Die Verlegung von Vermögen ins Ausland ändert nichts an der deutschen Steuerpflicht, wenn Sie weiterhin als Inländer gelten.