In einem interaktiven Online-Seminar beleuchteten die Stiftungsexperten Nicole Wolf-Thomann und Christoph Meyer die Gestaltungsmöglichkeiten und rechtlichen Rahmenbedingungen von Familienstiftungen in Deutschland und Liechtenstein. Die Veranstaltung richtete sich an Fachberater der Finanz- und Nachfolgeplanung und bot praxisnahe Einblicke in die komplexe Welt der Vermögensstrukturierung.
Wenn das Vermögen sich selbst gehört
Stiftungen sind juristisch betrachtet eigentümerlos – sie „gehören sich selbst“. Dieser zentrale Unterschied zu Kapital- oder Personengesellschaften war Ausgangspunkt der zweigeteilten Veranstaltung. Während Nicole Wolf-Thomann die deutsche Familienstiftung mit ihren formalen Anforderungen und steuerlichen Besonderheiten erläuterte, warf Christoph Meyer einen detaillierten Blick auf die flexibleren liechtensteinischen Strukturen.
„Der Stifter gibt sein Vermögen endgültig ab – das muss man sich klar machen“, betonte Wolf-Thomann gleich zu Beginn. In Deutschland sei die Gründung an ein aufwendiges Anerkennungsverfahren gebunden, inklusive Mindestkapital (500.000 €) und behördlicher Aufsicht. Trotzdem biete die Stiftung Vorteile wie Schutz vor Zersplitterung, Gläubigern und Pflichtteilsansprüchen.
Mehr Freiheit in Liechtenstein
Meyer hob die Vorzüge der liechtensteinischen Stiftung hervor: „Keine Erbersatzsteuer, keine Stiftungsaufsicht, kaum Gründungshürden – das ist für viele Mandanten der ausschlaggebende Punkt.“ Durch eine geschickte 2+2-Besetzung des Stiftungsrats – zwei Familienmitglieder, ein externer Vertrauter, ein Liechtensteiner – könne man rechtlich stabile und steuerlich vorteilhafte Strukturen schaffen.
Das Modell sei besonders bei größeren Vermögen ab etwa fünf Millionen Euro sinnvoll. Laut Meyer liege der Fokus auf Diskretion und steuerlicher Optimierung: „Erträge in der Stiftung können mit einer Flat-Tax von 1.800 Franken jährlich versteuert werden – das ist eine Hausnummer.“
Zitate mit Tiefgang
„Die Erbersatzsteuer ist der größte Nachteil der deutschen Familienstiftung – sie fingiert alle 30 Jahre einen Tod“, erklärte Wolf-Thomann mit Verweis auf die Unsicherheiten langfristiger Steuerplanung.
Meyer ergänzte: „Wer über eine Stiftung nachdenkt, sollte das nicht nur als Steuertrick sehen, sondern als langfristige Strukturentscheidung. Das ist kein Schnellschuss.“
Hintergrund: Wachsende Relevanz in der Beratung
Familienstiftungen gewinnen an Bedeutung – nicht nur bei Unternehmerfamilien, sondern zunehmend auch im privaten Bereich. Der Wunsch nach nachhaltiger Vermögensbewahrung trifft auf steigende steuerliche Belastungen und komplexe Familienverhältnisse. Eine Stiftung bietet hier – richtig strukturiert – eine robuste Lösung.
Ausblick: Entscheidungshilfe gefragt
Die Referenten machten deutlich: Ob Deutschland oder Liechtenstein – die Wahl der richtigen Stiftung hängt vom Einzelfall ab. Neben steuerlichen Erwägungen spielen familiäre Kontrolle, Flexibilität und Verwaltungsaufwand eine zentrale Rolle. Wolf-Thomann riet zu klaren Satzungsregelungen: „Die Stiftung lebt von einer sauberen Ausgestaltung – sonst wird aus dem Wunsch nach Dauer ein steuerliches Minenfeld.“
INFOBOX – Familienstiftung auf einen Blick
- Zweck: Erhalt und Verwaltung von Familienvermögen über Generationen
- Gründung: In Deutschland behördlich genehmigt, in Liechtenstein unkomplizierter
- Mindestvermögen: Deutschland ca. 500.000 €, Liechtenstein 30.000 CHF
- Steuern: Deutschland mit Erbersatzsteuer (alle 30 Jahre), Liechtenstein ohne
- Verwaltungskosten: Deutschland variabel, Liechtenstein ca. 5.000–10.000 CHF jährlich