
Die Erwachsenenadoption gilt in Deutschland vielen noch als exotisches Randthema des Familienrechts. Doch gerade für Finanz- und Nachfolgeplaner eröffnet sie – bei richtiger Gestaltung – erhebliche Spielräume: steuerliche Vorteile, rechtliche Klarheit und familienstrategische Absicherung. Während im öffentlichen Diskurs häufig nur die emotionale Komponente im Vordergrund steht, ist für die Praxis entscheidend, wie sich dieses Instrument rechtssicher und steuerlich effizient einsetzen lässt.
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Weitere InformationenDer Beitrag zeigt die Grundlagen, beleuchtet konkrete Praxisbeispiele, analysiert steuerliche Effekte anhand aktueller Daten und gibt Handlungshinweise für Berater.
Rechtliche Grundlagen der Erwachsenenadoption
Die Erwachsenenadoption ist in den §§ 1767 ff. BGB geregelt. Sie setzt voraus, dass ein Eltern-Kind-ähnliches Verhältnis besteht. Zentral ist nicht das Steuerargument, sondern die sittliche Rechtfertigung.
Wichtige Voraussetzungen:
Familienähnliche Bindung: nachweisbar durch gemeinsame Lebensereignisse (z. B. Urlaubsreisen, Pflege, gemeinsames Wohnen).
Altersabstand: mindestens 15 Jahre.
Keine sexuellen Beziehungen zwischen Annehmendem und Anzunehmendem.
Keine vorrangigen steuerlichen Motive – sie dürfen mitspielen, dürfen aber nicht alleiniger Zweck sein.
Ausländische Staatsangehörige können ebenfalls adoptiert werden, solange keine missbräuchlichen Migrationsziele im Vordergrund stehen
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Unterschieden wird zwischen schwacher Adoption (bei Erwachsenen Regelfall, verwandtschaftliche Bindung zu den leiblichen Eltern bleibt bestehen) und starker Adoption (Aufhebung aller bisherigen Verwandtschaftsbeziehungen, selten im Erwachsenenalter)
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Steuerliche Effekte – warum die Adoption zur Nachfolgeplanung passt
Der wesentliche finanzielle Hebel liegt im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht. Adoptierte Erwachsene werden steuerlich wie leibliche Kinder behandelt.
Ein Rechenbeispiel zeigt die Wirkung
:
Ausgangslage als Neffe: Erbschaft 1 Mio. €, Freibetrag 20.000 €, Steuerlast 294.000 € (30 %).
Nach Adoption als Sohn: Erbschaft 1 Mio. €, Freibetrag 400.000 €, Steuerlast 90.000 € (15 %).
Steuerersparnis: 204.000 €.
Damit wird deutlich: Die Adoption ersetzt nicht die klassische Testamentsgestaltung, sie kann aber deren Wirkung massiv verstärken. Insbesondere in Konstellationen ohne eigene Kinder kann sie den Nachlass in steuerlich günstige Bahnen lenken.
Praxisbeispiele aus Beratung und Rechtsprechung
Tante adoptiert Neffen
Eine kinderlose Tante adoptiert ihren Neffen. Die emotionale Bindung besteht seit Jahrzehnten, die Adoption wird problemlos anerkannt. Der Neffe erbt das gesamte Vermögen – mit deutlichen Steuervorteilen
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Prominente Fälle
Frédéric Prinz von Anhalt wurde im Erwachsenenalter adoptiert und adoptierte selbst weitere Männer. Diese Fälle zeigen die formale Möglichkeit, auch Status und Namensrechte zu übertragen. Für die Beratungspraxis sind solche Fälle jedoch steuerlich und reputationsseitig heikel.
Unternehmerische Nachfolge
In der Praxis entscheiden sich Unternehmer ohne eigene Kinder zunehmend, enge Mitarbeiter oder Lebenspartner zu adoptieren. Dies sichert den Fortbestand des Unternehmens im Familienverbund – und reduziert steuerliche Belastungen.
Pflegekonstellationen
Pflegeeltern, die Jahrzehnte ein quasi-kindliches Verhältnis zu einer betreuten Person aufgebaut haben, nutzen die Erwachsenenadoption, um Versorgung, Erbrecht und Unterhaltspflichten zu institutionalisieren.
Gestaltung in Patchwork-Familien
In komplexen Familienkonstellationen, in denen Stiefkinder nicht adoptiert wurden, kann eine Erwachsenenadoption vor dem Erbfall rechtliche Gleichstellung schaffen und Pflichtteilsstreitigkeiten reduzieren.
Ablauf und Kosten des Verfahrens
Der typische Ablauf
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Beratungsgespräch bei Anwalt/Notar.
Vorbereitung des Adoptionsantrags mit Unterlagen (Geburtsurkunde, Meldebescheinigung, Führungszeugnis).
Antragstellung beim Familiengericht.
Anhörung der Beteiligten und Prüfung bestehender Kinderinteressen.
Gerichtliche Entscheidung (i.d.R. 3–6 Monate).
Die Kosten orientieren sich am Geschäftswert (30–50 % des Vermögens). Beispiel: Bei 1 Mio. € Vermögen und 40 % Geschäftswert entstehen ca. 19.000 € Gesamtkosten (Gericht, Notar, Anwalt)
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Compliance-Aspekte und Risiken
Dokumentationspflichten: Nachweis der familiären Bindung durch Zeugenaussagen, Dokumente, gemeinsame Lebensereignisse.
Finanzamt-Prüfung: Steuerliche Motive dürfen nicht vorrangig sein, sonst droht Ablehnung.
Rückabwicklung: Nur in Ausnahmefällen möglich (z. B. schwere familiäre Konflikte oder Verfahrensmängel).
Pflichtteilsergänzungsansprüche: Bereits vorhandene Kinder müssen frühzeitig in die Gestaltung einbezogen werden, da ihre Erbquote sinkt.
Unterhaltspflichten: Adoptivkinder sind gegenüber den neuen Eltern unterhaltspflichtig – ein Aspekt, der in der Beratung häufig übersehen wird.
Fazit
Die Erwachsenenadoption ist ein mächtiges Instrument in der Nachfolgeplanung, wenn emotionale Nähe und rechtliche Gestaltung ineinandergreifen. Sie ermöglicht steuerliche Optimierung, rechtliche Gleichstellung und klare Strukturen.
Für Finanz- und Nachfolgeplaner gilt: Eine Adoption darf nie rein steuerlich motiviert erscheinen, sie muss eingebettet sein in ein schlüssiges Gesamtkonzept. Dort, wo familiäre Bindungen tatsächlich bestehen, ist sie jedoch ein Gestaltungsinstrument von erheblichem Wert.