Immobilien sind oft ein zentraler Bestandteil der Vermögensnachfolgeplanung, insbesondere wenn es um die Minimierung der steuerlichen Belastung bei Erbschaften oder Schenkungen geht. Für Finanz- und Nachfolgeplaner bieten sogenannte Wohnungsunternehmen attraktive Optionen, um Immobilienvermögen begünstigt oder sogar steuerfrei an die nächste Generation zu übertragen. Durch die geschickte Nutzung der steuerlichen Begünstigungsregelungen lassen sich so erhebliche Steuerersparnisse erzielen.
Doch welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein und welche Gestaltungsansätze bieten sich in der Praxis?
Neue Entwicklungen: Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 hat die Bundesregierung die sogenannte Neue Wohngemeinnützigkeit (NWG) eingeführt, um den Bau und die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum zu fördern. Das Konzept richtet sich an sozial orientierte Wohnungsunternehmen, Vereine und Stiftungen, die Wohnraum mit dauerhaft günstigen Mieten anbieten. Diese Unternehmen können nun von umfangreichen Steuererleichterungen profitieren, sofern sie den Nachweis erbringen, dass die Mieten unterhalb des ortsüblichen Niveaus liegen. Für Finanz- und Nachfolgeplaner kann die Nutzung der Wohngemeinnützigkeit eine interessante Alternative darstellen, um langfristige Steuervorteile zu realisieren.
Begünstigungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Wohnungsunternehmen, die die Anforderungen des § 13b Absatz 4 ErbStG erfüllen, können als Betriebsvermögen begünstigt werden. Das bedeutet, dass entweder 85 Prozent (Regelverschonung) oder sogar 100 Prozent (Optionsverschonung) des Unternehmenswertes von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit sind. Ein Wohnungsunternehmen gilt als begünstigtes Betriebsvermögen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die Immobilien gehören zum Betriebsvermögen: Das Wohnungsunternehmen muss als Gewerbebetrieb organisiert sein, etwa in Form einer GmbH oder GmbH & Co. KG. Einzelunternehmen profitieren von dieser Regelung nicht.
- Hauptzweck ist die Wohnungsvermietung: Der Betrieb muss überwiegend Einkünfte aus der Vermietung von Wohnimmobilien generieren. Gewerbeimmobilien dürfen nur in geringem Umfang zum Portfolio gehören.
- Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: Die Vermietung muss durch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ergänzt werden. Dazu zählen Dienstleistungen wie Hausmeisterdienste, Reinigungsservice oder zusätzliche Betreuungsangebote für Mieter.
Besonders der letzte Punkt sorgt in der Praxis oft für Unsicherheiten, da es nicht allein auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen ankommt, sondern auch auf die Art und den Umfang der Dienstleistungen, die das Unternehmen anbietet.
Quantitative und qualitative Bewertungskriterien
Die Finanzverwaltung orientiert sich oft an einer quantitativen Grenze von 300 Wohnungen: Ein Wohnungsunternehmen wird dann als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eingestuft, wenn es mehr als 300 Einheiten verwaltet. Der Bundesfinanzhof (BFH) hingegen bewertet die Kriterien qualitativ. So können auch kleinere Wohnungsunternehmen begünstigt sein, wenn sie zusätzliche Dienstleistungen erbringen, die über die reine Vermietung hinausgehen, wie Concierge-Dienste, Hausmeisterservice oder Reinigungsdienste. Zudem kann ein großes Wohnungsunternehmen die Steuerbegünstigung verlieren, wenn die angebotenen Leistungen nicht ausreichen, um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nachzuweisen.
Beispielhafte Gestaltungen und Umsetzung in der Praxis
- Großes Wohnungsportfolio: Ein Unternehmer, der über mehr als 300 Wohneinheiten verfügt, kann durch die Gründung einer GmbH & Co. KG sicherstellen, dass das Wohnungsunternehmen als gewerblich anerkannt wird. Durch eine solche Umstrukturierung können erhebliche Steuervergünstigungen bei einer Schenkung oder einem Erbfall in Anspruch genommen werden.
- Kleinere Wohnungsbestände: Selbst bei weniger als 300 Wohneinheiten kann ein Wohnungsunternehmen als begünstigtes Betriebsvermögen gelten, wenn es z. B. ein umfangreiches Zusatzangebot an Dienstleistungen bereitstellt. Hier lohnt es sich, ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, das zusätzliche Angebote für die Mieter integriert.
Die Neue Wohngemeinnützigkeit als Planungsinstrument
Neben den klassischen steuerlichen Begünstigungen bietet die Neue Wohngemeinnützigkeit zusätzliche Anreize für sozial orientierte Vermieter. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass bis zu 60 Prozent der Haushalte in Deutschland von dauerhaft günstigem Wohnraum profitieren können. Die NWG wird in das Gemeinnützigkeitsrecht (§ 52 AO) aufgenommen und damit steuerlich begünstigt. Das bedeutet, dass Unternehmen und Stiftungen, die den gemeinnützigen Wohnungsbau fördern, ebenfalls von umfassenden Steuervergünstigungen profitieren. Dies schafft eine interessante Planungsoption für Familienvermögen, die nicht nur steuerlich optimiert, sondern auch gesellschaftlich sinnvoll gestaltet werden soll.
Steuerliche Optimierungsmöglichkeiten
Für die optimale Gestaltung eines Wohnungsunternehmens müssen die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen gegen die ertragsteuerlichen Nachteile abgewogen werden. Immobilien, die als Betriebsvermögen deklariert werden, unterliegen beim Verkauf der vollen Besteuerung, sodass zukünftige Veräußerungen steuerlich belastend sein können. Eine sorgfältige Planung und eine Einbindung von Steuerberatern sind daher unerlässlich.
Zusätzlich kann durch geschlossene Immobilienfonds eine indirekte Beteiligung an Wohnungsunternehmen ermöglicht werden. So können auch kleinere Vermögen von den steuerlichen Vorteilen eines Wohnungsunternehmens profitieren, ohne dass die Familie selbst große Immobilienbestände verwalten muss. Für Anleger ermöglicht dies, sich mit begrenztem Kapitalanteil an einem steuerlich begünstigten Betrieb zu beteiligen und gleichzeitig die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu minimieren.
Checkliste: Gestaltung eines steuerlich begünstigten Wohnungsunternehmens
Schritt | Maßnahme | Rechtliche Quelle | Hinweise |
---|---|---|---|
1. | Prüfung des Immobilienbestands auf Wohnzwecke | § 13b ErbStG | Mindestens 90 Prozent der Immobilien müssen zu Wohnzwecken genutzt werden. |
2. | Erstellung eines Nutzungskonzepts für Zusatzleistungen | BFH-Urteil II R 44/15 | Zusätzliche Leistungen wie Hausmeister- oder Concierge-Dienste einkalkulieren. |
3. | Gründung einer GmbH & Co. KG zur Erzielung gewerblicher Einkünfte | §§ 1, 2 GmbHG | Sicherstellen, dass alle Beteiligten steuerlich korrekt eingebunden sind. |
4. | Übertragung des Vermögens ohne Grunderwerbsteuer | GrEStG | Einhaltung der Fristen und Einholung verbindlicher Auskünfte. |
5. | Regelmäßige Überprüfung der Voraussetzungen | § 13a ErbStG | Dokumentation der Einhaltung der steuerlichen Begünstigungen. |
6. | Beantragung der Gemeinnützigkeit (bei NWG-Unternehmen) | Jahressteuergesetz 2024 | Nachweis der dauerhaften günstigen Mietpreisgestaltung. |
Fazit
Wohnungsunternehmen bieten vielfältige steuerliche Optimierungsmöglichkeiten, die durch die Kombination von erbschaftsteuerlichen Begünstigungen und der Neuen Wohngemeinnützigkeit noch attraktiver geworden sind. Die korrekte Gestaltung und regelmäßige Überprüfung der rechtlichen Voraussetzungen sind jedoch unerlässlich. Finanz- und Nachfolgeplaner sollten sich daher regelmäßig über Änderungen im Steuerrecht informieren und ihre Strategien entsprechend anpassen, um langfristig die besten Ergebnisse für ihre Mandanten zu erzielen.
Quellenverzeichnis
- Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Die Neue Wohngemeinnützigkeit“ (2024)【12】.
- Rödl & Partner: „Begünstigung von Wohnungsunternehmen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer“ (2021)【13】.
- JUHN Partner: „Wohnungsunternehmen steuerfrei vererben und verschenken“ (2024)【14】.
- Ecovis: „Wohnungsunternehmen: steuerliche Optimierungsmöglichkeiten“ (2024)【15】.