Die vorweggenommene Erbfolge durch Schenkung von Immobilien an minderjährige Kinder ist eine beliebte Strategie zur optimalen Nutzung von schenkungsteuerlichen Freibeträgen. Doch die Übertragung von Grundstücken an Minderjährige ist rechtlich nicht ohne Fallstricke. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Beschluss vom 18. April 2024 (V ZB 51/23) Klarheit geschaffen, insbesondere hinsichtlich der Vertretungsrechte der Eltern. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die aktuelle Rechtslage und zeigt praxisnahe Lösungen für Finanz- und Nachfolgeplaner auf.
Vertretung minderjähriger Kinder bei Immobilienübertragungen
Grundsätzlich werden minderjährige Kinder durch ihre Eltern vertreten (§ 1629 BGB). Doch wenn es um die Übertragung eines Grundstücks geht, sind beide Elternteile von der Vertretung ausgeschlossen, wenn ein Elternteil selbst Übertragender ist. Hintergrund ist das sogenannte Insichgeschäft (§ 181 BGB), das verhindern soll, dass Eltern auf Kosten ihrer Kinder handeln.
Wann ist eine Grundstücksübertragung für das Kind lediglich vorteilhaft?
Die entscheidende Frage in der Praxis ist, ob eine Grundstücksübertragung für das Kind lediglich rechtlich vorteilhaft ist (§ 107 BGB). Ist das der Fall, bedarf es keiner weiteren Genehmigung. Der BGH hat hier eine Unterscheidung getroffen:
- Unbebaute oder ungenutzte Grundstücke:
- Die Übertragung ist für das Kind lediglich vorteilhaft.
- Eine Zustimmung durch einen Ergänzungspfleger ist nicht erforderlich.
- Vermietete oder verpachtete Grundstücke:
- Der Minderjährige tritt in die Rolle des Vermieters ein und übernimmt damit Rechte und Pflichten (§ 566 BGB).
- Die Übertragung ist nicht lediglich vorteilhaft und bedarf der Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger.
- Eigentumswohnungen:
- Das Kind wird Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft und trägt Kosten für Verwaltung und Instandhaltung (§ 16 Abs. 2 WEG).
- Die Übertragung ist stets rechtlich nachteilig und muss von einem Ergänzungspfleger genehmigt werden.
Praktische Bedeutung für Finanz- und Nachfolgeplaner
Die Entscheidung des BGH sorgt für Erleichterung in der Beratungspraxis. Für Berater und Mandanten ergeben sich daraus folgende Strategien:
- Nutzung der steuerlichen Vorteile:
Regelmäßige Schenkungen im Rahmen der Freibeträge können eine erhebliche Reduzierung der Erbschaftsteuer ermöglichen. - Optimale Gestaltung der Übertragung:
Durch den gezielten Erwerb von unbebauten oder nicht vermieteten Grundstücken kann der Genehmigungsprozess durch einen Ergänzungspfleger vermieden werden. - Einsatz von Nießbrauchrechten:
Eltern können sich ein lebenslanges Nießbrauchrecht sichern, sodass sie die Immobilie weiterhin wirtschaftlich nutzen können, ohne dass das Kind Verpflichtungen übernimmt.
Tabellarische Checkliste: Wichtige Schritte und rechtliche Grundlagen
Schritt | Relevante Rechtsnormen | Notwendige Maßnahmen |
---|---|---|
Prüfung der rechtlichen Vorteilhaftigkeit | § 107 BGB, § 181 BGB | Ist das Geschäft für das Kind lediglich vorteilhaft? |
Art des Grundstücks bestimmen | § 566 BGB, § 16 Abs. 2 WEG | Unbebaut, vermietet oder Eigentumswohnung? |
Eintragung eines Nießbrauchrechts prüfen | § 1030 BGB, § 1068 BGB | Kann die wirtschaftliche Nutzung bei den Eltern bleiben? |
Genehmigung durch Ergänzungspfleger erforderlich? | § 1629 Abs. 2, § 1824 BGB | Falls das Geschäft nicht lediglich vorteilhaft ist. |
Steuerliche Optimierung nutzen | § 16 ErbStG, § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG | Regelmäßige Schenkungen innerhalb der Freibeträge. |
Fazit
Die Übertragung von Immobilien auf minderjährige Kinder bleibt eine attraktive Strategie der vorweggenommenen Erbfolge. Der BGH hat mit seinem aktuellen Urteil wichtige Leitlinien gesetzt und für mehr Rechtssicherheit gesorgt. Finanz- und Nachfolgeplaner sollten in der Beratung darauf achten, welche Art von Immobilie übertragen wird, um unnötige Genehmigungsverfahren zu vermeiden. Mit einer durchdachten Planung lassen sich steuerliche Vorteile optimal nutzen, ohne die rechtlichen Risiken aus den Augen zu verlieren.