Im Spannungsfeld einer familieninternen Unternehmensnachfolge kann die notwendige Erbschaftsteuer drohen, Substanz zu gefährden. Eine klare Analyse der Liquidität ist essenziell – ebenso wie das zügige Nutzen von Stundungsmöglichkeiten nach § 28 ErbStG. Dieser Beitrag richtet sich an professionelle Finanz- und Nachfolgeplaner, die fachlich tief, strukturiert und praxisready beraten möchten.
Rechtlicher Rahmen und Voraussetzungen
§ 28 ErbStG / § 222 AO ermöglichen unter engen Voraussetzungen eine Stundung der Erbschaftsteuer – insbesondere für begünstigtes Vermögen (z. B. Betriebsvermögen oder selbstgenutzter Wohnraum). Voraussetzung ist, dass der Erwerber die Steuer nur durch Veräußerung des begünstigten Vermögens aufbringen könnte.
Dauer und Zinsen
- Bis zu 7 Jahre zinslos, bei Todesfällen von begünstigtem Vermögen
- In anderen Fällen bis zu 10 Jahre (z. B. Immobilien), zinslos bei Erwerben von Todes wegen
Keine Stundung, wenn …
Finanzamt-Kontrolle
Prüfung der Voraussetzungen kann regelmäßig erfolgen; eine Verbesserung der Vermögenslage muss nicht zwingend zum Verlust der Stundung führen.
Drei Praxisbeispiele aus der Beratungspraxis
| Beispiel | Situation | Strategie |
|---|---|---|
| 1. Betriebsvermögen (GmbH & Co. KG) | Erbe erbt Unternehmensanteile – hohe Liquiditätsbindung durch Grundstücksbestand, keine Kreditaufnahme möglich | Beantragung zinsloser Stundung; Liquiditätsanalyse und Dokumentation der Kreditunfähigkeit |
| 2. Selbstgenutztes Familienheim | Kind erbt Wohngebäude, das nur durch Veräußerung verkauft werden könnte, um Steuer zu begleichen | Zinslose Stundung bis zu 10 Jahre; Steuerzahlungen strecken bei gesicherter Nutzung |
| 3. Teilveräußerung von Finanzmittelbestand | Unternehmen mit hoher Liquidität, aber gebundenem Betriebsvermögen | Prüfung, ob Finanzmittel über Freibetrag hinaus existieren – ggf. Ablehnung der Stundung; frühzeitige Nutzung von Verschonungsregeln |
Aktuelle Marktdaten und statistische Einordnung
Verschonungsabschläge
Für begünstigtes Betriebsvermögen liegt die Steuerlast bei minimal 15% – bis zu 85% sind steuerfrei.
Liquiditätssicherung durch Stundung
Gerade für KMU ist die zinsfreie Stundung ein entscheidender Vorteil, um Unternehmensfortbestand zu sichern.
Risiken bei Liquiditätsentzug
Studien (z. B. iFo oder DIW) belegen, dass fehlende Stundung oder Planung zu massiven Liquiditätsproblemen in Familienunternehmen führen kann.
Handlungsempfehlungen für Experten
A) Frühzeitige Analyse und Vorbereitung
- Liquiditätssituation detailliert dokumentieren
- Kreditfähigkeit realistisch einschätzen
- Stundungsantrag inkl. Nachweisen vorbereiten
B) Nutzen aller steuerlichen Gestaltungsinstrumente
- Ausschöpfen der Verschonungsregelungen (§ 13a/13b ErbStG, Optionsverschonung)
- Nutzung persönlicher Freibeträge (z. B. 400 000 € pro Kind, Versorgungsfreibeträge)
- Rechtzeitige Umstrukturierungen vorbereiten
C) Laufende Betreuung und Überprüfung
- Regelmäßige Vermögenslage prüfen – ggf. Anpassung von Stundung oder Zahlung
- Nachhaltige Liquiditätsplanung vereinbaren – auch für Umsatzschwankungen
Fazit
Eine erfolgreiche Nachfolgeplanung kombiniert fundierte Liquiditätsanalyse, Kenntnis der Stundungs- und Verschonungsregelungen sowie strategische Nutzung von Freibeträgen. Fachliche Besonnenheit und klare Dokumentation sichern Substanz und Vertrauen gleichermaßen.
Anhang A: Handlungsschritte
| Nr. | Handlungsschritt |
|---|---|
| 1 | Liquiditätslage zum Erbzeitpunkt erheben |
| 2 | Kredit- und Veräußerungsoptionen prüfen |
| 3 | Stundungsantrag nach § 28 ErbStG vorbereiten |
| 4 | Steuerliche Gestaltungsoptionen analysieren |
| 5 | Persönliche und betriebliche Freibeträge nutzen |
| 6 | Finanzamt-Anträge und Nachweise dokumentieren |
| 7 | Laufende Kontrolle der Vermögenslage |
| 8 | Nachfolge strukturiert planen |
| 9 | Mandanten über Konsequenzen und Fristen informieren |
| 10 | Stundung bzw. Verschonung begleiten |
Anhang B: Rechtliche Quellen
| Quelle | Fundstelle |
|---|---|
| § 28 ErbStG / § 222 AO | Gesetzestexte |
| ErbStR 2019 – R E 28 | Stundungsvoraussetzungen und Fristen |
| FG Berlin-Brandenburg (22.08.2025) | Anforderungen an Liquiditätsnachweis |
| Diskussionspapier ZDH | Bedeutung für Unternehmensfortbestand |
| Deubner / Haufe / Fachliteratur | Praxisbeispiele, Stundungsumfang |
Anhang C: Praxisimplikationen
- Transparenz schafft Vertrauen: Nachweise sind Pflicht.
- Timing ist entscheidend: Frühe Planung maximiert Spielräume.
- Kontinuität statt Ad-hoc: Laufende Beratung sichert Bestand.