
In der Nachfolgeplanung spielt das Berliner Testament eine zentrale Rolle, insbesondere wenn es um den Schutz des überlebenden Ehegatten und die Regelung der Vermögensübergabe an die nächste Generation geht. Eine interessante Variante dieses Instruments ist die sogenannte Jastrowsche Klausel. Sie dient nicht nur der Absicherung des überlebenden Ehegatten, sondern auch der Steueroptimierung – wenn sie strategisch und korrekt eingesetzt wird.
Was ist die Jastrowsche Klausel?
Die Jastrowsche Klausel ist eine spezifische Gestaltung innerhalb des Berliner Testaments. Sie sieht vor, dass Kinder, die beim Tod des erstversterbenden Elternteils ihren Pflichtteil nicht geltend machen, mit einem späteren Vermächtnis belohnt werden. Dieses Vermächtnis wird jedoch erst nach dem Tod des überlebenden Ehegatten fällig.
Ziel ist es, den Nachlass des zuerst verstorbenen Ehepartners ungeschmälert auf den überlebenden Ehepartner zu übertragen, der dadurch finanziell abgesichert ist und frei über das Vermögen verfügen kann. Die Jastrowsche Klausel ermöglicht jedoch auch die Strafung von Kindern, die den Pflichtteil fordern, indem sie diese nicht nur vom Nachlass des überlebenden Ehegatten ausschließt, sondern auch von einer späteren Vermächtnisregelung.
Ein Beispiel aus der Praxis: Eltern setzen sich in einem Berliner Testament gegenseitig als Alleinerben ein. Der überlebende Ehegatte soll abgesichert sein und frei über den Nachlass verfügen können. Die Kinder, die keinen Pflichtteil geltend machen, sollen später belohnt werden. Die enterbten Kinder hingegen, die den Pflichtteil einfordern, erhalten lediglich den gesetzlichen Pflichtteil und keine weiteren Vermächtnisse.
Steuerliche Konsequenzen der Klausel
Die steuerlichen Folgen der Jastrowschen Klausel sind komplex. Das Vermächtnis entsteht formal bereits mit dem Tod des erstversterbenden Elternteils, wird aber erst beim Tod des Letztversterbenden fällig. Dies führt zu mehreren steuerlichen Herausforderungen:
- Doppelte Steuerpflicht: Sowohl beim Tod des erstversterbenden als auch des zweitversterbenden Elternteils entstehen steuerpflichtige Erwerbsvorgänge. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Beim Tod des erstversterbenden Elternteils betrug die Höhe der Vermächtnisansprüche 3.329.593 EUR, was steuerlich Berücksichtigung fand.
- Nachlassverbindlichkeiten: Die Vermächtnisansprüche können erst beim Tod des überlebenden Ehegatten als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden, da sie erst zu diesem Zeitpunkt fällig werden.
- Ausnutzung von Freibeträgen: Aufgrund der zeitlichen Staffelung der Vermächtnisse und der Steuerlast kann es dazu kommen, dass Freibeträge nicht optimal genutzt werden. So wird der Freibetrag von 400.000 EUR nicht in allen Fällen effizient ausgeschöpft.
Ein wichtiger Hinweis aus der Rechtsprechung: Auch wenn der Vorwurf einer Doppelbesteuerung naheliegt, handelt es sich formal um zwei unterschiedliche Erwerbsvorgänge – einmal vom erstversterbenden und einmal vom letztversterbenden Elternteil.
Ein erweitertes Praxisbeispiel
Ein Ehepaar setzt sich im Berliner Testament gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Tod des Ehemannes machen zwei enterbte Kinder Pflichtteilsansprüche geltend. Die verbleibenden Kinder verzichten auf den Pflichtteil und werden im Testament der Mutter als Erben berücksichtigt. Aufgrund der Geltendmachung des Pflichtteils entsteht ein Vermächtnis für die verzichtenden Kinder in Höhe von 1.109.864,33 EUR pro Kind, das erst beim Tod der Mutter fällig wird.
Die steuerliche Belastung zeigt sich wie folgt:
- Nachlass des Vaters: Der Pflichtteilsanspruch der enterbten Kinder wird als Geldanspruch versteuert und gleichzeitig als Nachlassverbindlichkeit abgezogen.
- Nachlass der Mutter: Die Vermächtnisse der verzichtenden Kinder werden ebenfalls versteuert, können aber als Nachlassverbindlichkeiten geltend gemacht werden.
Insgesamt führt dies zu einer doppelten steuerlichen Belastung, die jedoch durch gezielte Gestaltung reduziert werden kann.
Gestaltungstipps für die Praxis
Die steuerliche Belastung kann durch clevere Gestaltung reduziert werden. Eine mögliche Alternative zur klassischen Jastrowschen Klausel ist ein sogenanntes Zweckvermächtnis. Dieses sieht vor, dass der überlebende Ehepartner innerhalb einer festgelegten Frist Teile des Nachlasses weitergeben kann, wodurch der Nachlass des erstversterbenden Ehepartners gemindert und Steuerfreibeträge optimal ausgenutzt werden.
Zudem sollte prüft werden, ob es sinnvoll ist, Vermächtnisse bereits beim Tod des erstversterbenden Ehepartners fällig zu stellen, um die Nachlassverbindlichkeiten früher geltend machen zu können. Ein Bestimmungs- und Zweckvermächtnis gemäß §§ 2156, 2151 BGB kann hier eine praktikable Lösung sein.
Fazit
Die Jastrowsche Klausel bietet erhebliche Gestaltungspotentiale, birgt jedoch auch Risiken, insbesondere im Hinblick auf die steuerliche Doppelbelastung. Finanz- und Nachfolgeplaner sollten diese Klausel daher gezielt einsetzen und dabei die individuellen Lebensumstände und steuerlichen Rahmenbedingungen der Mandanten berücksichtigen. Die Integration von Alternativen wie Zweckvermächtnissen kann in vielen Fällen eine steuerliche Optimierung ermöglichen.
Checkliste: Umsetzung der Jastrowschen Klausel
Schritt | Beschreibung | Rechtliche Grundlage |
---|---|---|
Analyse der Familienstruktur | Prüfen, welche Kinder als Erben oder Pflichtteilsberechtigte infrage kommen. | BGB §§ 2303 ff. |
Gestaltung des Berliner Testaments | Festlegen von Vermächtnissen und Strafen für Pflichtteilserhebungen. | BGB § 2269 |
Steuerliche Bewertung | Berechnung der möglichen Erbschaftssteuer für verschiedene Szenarien. | ErbStG §§ 3, 10 |
Prüfung alternativer Gestaltungsmöglichkeiten | Zweckvermächtnis oder frühere Fälligkeit der Vermächtnisse prüfen. | BGB §§ 2156, 2151 |
Steuerliche Optimierung | Nutzung von Freibeträgen durch zeitlich gestaffelte Vermögensübertragungen. | ErbStG §§ 16, 15 Abs. 3 |
Eine umfassende Beratung und die Abstimmung mit Fachanwälten sowie Steuerberatern sind unerlässlich, um eine optimale Umsetzung zu gewährleisten.