
Wenn Immobilienvermögen zur Familienfrage wird, braucht es mehr als nur gute Absichten. Ein aktueller Fall aus der Praxis zeigt, wie komplex die Nachfolgegestaltung mit Immobilien und mehreren Kindern sein kann – und welche Fallstricke es dabei zu beachten gilt.
Der Fall im Überblick
Eine Familie besitzt drei Immobilien im Gesamtwert von 2,15 Millionen Euro. Eines der Kinder erhält bereits zu Lebzeiten ein Haus (600.000 €) mit Nießbrauchsvorbehalt – also unter der Maßgabe, dass die Eltern dort weiterhin die Mieteinnahmen erhalten. Die beiden anderen Immobilien (800.000 € und 750.000 €) sollen an die übrigen zwei Kinder übertragen werden.
Der Anspruch: Jedes Kind soll gleichgestellt werden, die Eltern wollen finanziell abgesichert bleiben – und das Ganze soll möglichst steueroptimal ablaufen. Ein nachvollziehbares Anliegen – doch nicht ohne Tücken.
Was gut gemacht wurde ✅
1. Nießbrauch sichert die Eltern ab:
Die Mieteinnahmen bleiben bei den Eltern, was ihre Liquidität schützt. Gleichzeitig mindert der Nießbrauch den steuerlichen Wert der Schenkung – eine klassische und sinnvolle Gestaltung.
2. Gleichbehandlung der Kinder durch Schenkung + Ausgleich:
Die Idee: Ein Kind erhält eine Immobilie, die anderen werden ebenfalls bedacht. Um Ungleichgewichte zu vermeiden, erfolgt ein finanzieller Ausgleich innerhalb der Geschwister.
3. Frühzeitige Übertragung mit Freibetragsnutzung:
Zumindest teilweise werden die persönlichen Freibeträge von 400.000 € pro Elternteil und Kind (insgesamt 800.000 € pro Kind) genutzt – was grundsätzlich sinnvoll ist.
Wo es hakt ⚠️
1. Pauschale Bewertung des Nießbrauchs:
Im Beispiel wird ein Nießbrauchswert von 200.000 € angesetzt – ohne nähere Herleitung. Dabei hängt der tatsächliche Wert von Faktoren wie der Lebenserwartung der Eltern und den Mieterträgen ab. Eine belastbare Bewertung ist essenziell, um steuerlich auf der sicheren Seite zu sein.
2. Grunderwerbsteuer bei gemischten Schenkungen:
Bei der Übertragung der Immobilien ist eine teilweise Zahlung durch die Kinder geplant. Achtung: Solche gemischten Schenkungen können Grunderwerbsteuer auslösen – vor allem, wenn keine klare Trennung zwischen entgeltlichem und unentgeltlichem Teil erfolgt. Hier ist sorgfältige Strukturierung nötig.
3. Rückschenkungen unter Geschwistern:
Um Ausgleich zu schaffen, sollen Kinder untereinander Geld verschenken. Doch dabei greifen keine Freibeträge – es droht Schenkungsteuer. Solche Konstruktionen müssen notariell sauber begleitet und steuerlich geprüft sein.
4. Freibeträge nicht vollständig ausgeschöpft:
Die Schenkungen könnten so gestaffelt werden, dass alle zehn Jahre neue Freibeträge genutzt werden. Zudem könnten auch Enkel einbezogen werden – mit 200.000 € Freibetrag pro Enkelkind eine interessante Option zur weiteren Reduktion der Steuerlast.
5. Kein Schutz vor Pflichtteilsansprüchen:
Schenkungen zu Lebzeiten können im Erbfall Pflichtteilsansprüche auslösen – insbesondere, wenn ein Kind überproportional bedacht wurde. Ohne klar geregeltes Testament samt Ausgleichsklauseln drohen spätere Konflikte.
Empfehlungen für die Beratungspraxis
Handlungsfeld | Empfehlung |
---|---|
Bewertung des Nießbrauchs | Steuerlich belastbare Wertermittlung durch Gutachten oder Bewertung nach § 14 BewG |
Nutzung von Freibeträgen | Staffelung der Übertragungen über mehrere Jahre, ggf. Einbeziehung von Enkeln |
Vermeidung von Grunderwerbsteuer | Klare Trennung von entgeltlichem und unentgeltlichem Teil der Schenkung |
Pflichtteilsschutz | Testament mit Ausgleichsregelung, ggf. Pflichtteilsverzichtsverträge |
Rückforderungsrechte der Eltern | Verarmungsschutz durch Rückforderungsrechte gemäß § 528 BGB |
Transparenz in der Familie | Frühzeitige Gespräche, ggf. Familienkonferenz mit neutraler Moderation |
Fazit: Steuerlich geplant heißt nicht automatisch gerecht geregelt
Die Vermögensnachfolge mit Immobilien ist eine hochsensible Aufgabe – emotional wie steuerlich. Was auf den ersten Blick nach gerechter Aufteilung aussieht, kann in der Umsetzung schnell zu steuerlichen Nachteilen oder familiären Spannungen führen. Professionelle Nachfolgeplanung beginnt daher nicht bei der Immobilie, sondern bei einer ganzheitlichen Betrachtung der familiären und steuerlichen Verhältnisse.