Erben und Vererben sind Themen, die viele Menschen eines Tages beschäftigen werden. Oft kursieren dabei Mythen und Irrtümer, die zu Unsicherheiten und Fehlentscheidungen führen können. In diesem Blogbeitrag werden einige dieser Mythen aufgegriffen und entmystifiziert, basierend auf einem Beitrag der Frankfurter Rundschau.
- Mythen und Irrtümer rund um das Testament
Eines der am weitesten verbreiteten Missverständnisse ist, dass ein Testament immer von einem Notar beurkundet werden muss. Tatsächlich ist ein handschriftliches Testament, das den vollständigen Namen und das Datum enthält, vollkommen ausreichend und rechtsgültig. Ein notarielles Testament kann jedoch Vorteile bieten, etwa die Hinterlegung beim zuständigen Nachlassgericht.
Ein weiterer Irrtum betrifft die Erbfolge: Viele glauben, dass ohne Testament die gesetzliche Erbfolge automatisch greift. Das ist zwar grundsätzlich richtig, jedoch kann auch ein nicht formgerechtes Testament oder ein Erbvertrag Einfluss auf die Erbfolge nehmen. Daher ist es ratsam, ein Testament zu verfassen, um die eigenen Wünsche bestmöglich umzusetzen.
- Steuern und Freibeträge
Rund um das Erben kursieren auch zahlreiche Mythen zur Erbschaftsteuer. So besteht insbesondere der Irrglaube, dass beim Erben generell hohe Steuern anfallen. Tatsächlich existieren jedoch Freibeträge, die von der Verwandtschaftsbeziehung abhängen. Für Ehepartner beträgt der Freibetrag 500.000 EUR, für Kinder 400.000 EUR und für Enkelkinder 200.000 EUR.
Einige glauben auch, dass Lebensversicherungen, die an den Ehepartner ausgezahlt werden, steuerfrei sind. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Wenn der Verstorbene die Beiträge zur Lebensversicherung selbst gezahlt hat, fällt die Auszahlung unter den Freibetrag für Ehepartner. Hat der überlebende Ehepartner hingegen die Beiträge gezahlt, kann die Auszahlung steuerpflichtig sein.
- Pflichtteilsanspruch und Enterben
In Bezug auf das Enterben und den Pflichtteilsanspruch kursieren ebenfalls einige Irrtümer. Grundsätzlich gilt: Niemand kann ohne Weiteres vollständig enterbt werden. Nahe Verwandte wie Kinder, Eltern oder der Ehepartner haben einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch, der in der Regel die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt.
Allerdings gibt es einige wenige Ausnahmen, bei denen ein Pflichtteilentzug möglich ist, etwa bei schweren Straftaten gegen den Erblasser. Hierfür muss der Entzug jedoch explizit im Testament festgehalten und die entsprechenden Gründe angegeben werden.
- Schenkungen und ihr Einfluss auf das Erbe
Ein verbreiteter Irrtum ist, dass Schenkungen, die zu Lebzeiten gemacht wurden, keinen Einfluss auf das Erbe haben. Tatsächlich können solche Schenkungen jedoch bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden. Bei Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall erfolgten, kann der Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht werden. Dies bedeutet, dass der Wert der Schenkung anteilig zum Pflichtteil hinzugerechnet wird.
- Gemeinschaftliches Testament und Erbvertrag
Ein gemeinschaftliches Testament ist ein Testament, das von zwei Personen gemeinsam verfasst wird. Oft handelt es sich dabei um Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner. Ein Irrtum besteht darin, dass das gemeinschaftliche Testament immer unveränderbar ist. Tatsächlich können Verfügungen im Testament unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen oder geändert werden, solange beide Testierenden noch leben.
Der Erbvertrag hingegen ist ein Vertrag, der zwischen dem Erblasser und einem oder mehreren Erben geschlossen wird. Er hat eine stärkere Bindungswirkung als ein Testament und kann nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien geändert werden. Häufig wird fälschlicherweise angenommen, dass ein Erbvertrag immer notwendig ist, um die Nachfolge zu regeln. In vielen Fällen reicht jedoch ein Testament aus, um die gewünschte Erbfolge festzulegen.
Zehn Merksätze zur individuellen Nachfolgeplanung:
- Erstellen Sie ein Testament, um Ihre Wünsche bezüglich der Erbfolge verbindlich festzuhalten.
- Beachten Sie, dass ein handschriftliches Testament ausreicht, um rechtsgültig zu sein.
- Informieren Sie sich über die gesetzlichen Freibeträge bei der Erbschaftsteuer.
- Berücksichtigen Sie, dass Lebensversicherungen unter Umständen steuerpflichtig sein können.
- Bedenken Sie, dass nahe Verwandte einen Pflichtteilsanspruch haben und nicht ohne Weiteres enterbt werden können.
- Achten Sie darauf, dass Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall den Pflichtteil beeinflussen können.
- Wägen Sie ab, ob ein gemeinschaftliches Testament oder ein Erbvertrag für Ihre Situation geeignet ist.
- Seien Sie sich bewusst, dass ein gemeinschaftliches Testament unter bestimmten Voraussetzungen geändert oder widerrufen werden kann.
- Sprechen Sie offen mit Ihrer Familie und anderen potenziellen Erben über Ihre Nachfolgepläne.
- Ziehen Sie gegebenenfalls einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Notar zurate, um Ihre individuelle Nachfolgeplanung optimal zu gestalten.
Fazit
Die Nachfolgeplanung ist ein komplexes Thema, das von vielen Mythen und Irrtümern umgeben ist. Es ist wichtig, sich gut über die verschiedenen Aspekte des Erbrechts zu informieren und bei Bedarf fachlichen Rat einzuholen, um Fehlentscheidungen zu vermeiden und die eigenen Wünsche bestmöglich umzusetzen.
Mit einer sorgfältig ausgearbeiteten Nachfolgeplanung können Sie für einen geregelten Übergang Ihres Vermögens und Ihrer Werte an die nächste Generation sorgen und eventuelle Konflikte unter den Erben vermeiden. Die zehn Merksätze zur individuellen Nachfolgeplanung bieten Ihnen eine hilfreiche Orientierung, um sich in diesem komplexen Themenfeld zurechtzufinden und die richtigen Entscheidungen zu treffen.