Erbrecht in Frankreich

Das Erbrecht in Frankreich ist ein komplexes und vielseitiges Thema, das insbesondere bei grenzüberschreitenden Erbfällen besondere Beachtung verdient. Finanz- und Nachfolgeplaner müssen sich mit den verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen und Prozessen vertraut machen, um ihre Mandanten optimal beraten zu können. Dieser Beitrag beleuchtet die wesentlichen Aspekte des französischen Erbrechts, einschließlich der gesetzlichen Erbfolge, des Pflichtteils, der Nachlassabwicklung und der Erbschaftssteuer.

Anwendbares Recht bei grenzüberschreitenden Erbfällen

Seit dem 17. August 2015 ist die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) in Kraft. Diese Verordnung stellt sicher, dass der Nachlass eines Erblassers grundsätzlich nach dem Recht des Staates abgewickelt wird, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Wahlrecht des Erblassers

Der Erblasser hat jedoch die Möglichkeit, das Recht seines Heimatstaates zu wählen. Dies ist besonders relevant bei mehrfacher Staatsangehörigkeit, da der Erblasser zwischen den betroffenen Ländern wählen kann. Diese Regelung schafft Klarheit und Einheitlichkeit, vermeidet aber nicht die Notwendigkeit, sich mit den spezifischen Bestimmungen des gewählten Erbrechts vertraut zu machen.

Gesetzliche Erbfolge nach französischem Recht

Die gesetzliche Erbfolge in Frankreich ist im Code Civil, Artikel 734 ff., geregelt und weist einige Unterschiede zum deutschen Erbrecht auf.

Rangfolge der Erben

  1. Erste Ordnung: Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, sowohl eheliche als auch uneheliche, und adoptierte Kinder) erben in erster Ordnung.
  2. Zweite Ordnung: Eltern und Geschwister des Verstorbenen.
  3. Dritte Ordnung: Vorfahren der Eltern.
  4. Vierte Ordnung: Seitenverwandte.

Dem überlebenden Ehegatten steht in Frankreich ebenfalls ein gesetzliches Erbrecht zu, während nicht verheiratete, aber eingetragene Partner nur testamentarisch berücksichtigt werden können​.

Verteilung des Nachlasses

  • Verheiratet und kinderlos: Der überlebende Ehegatte erbt ¾ des Nachlasses, während das verbleibende Viertel an die Eltern des Verstorbenen geht. Sind keine Eltern mehr am Leben, erbt der Ehegatte den gesamten Nachlass​​.
  • Verheiratet mit Kindern: Der überlebende Ehegatte kann zwischen dem Nießbrauch am gesamten Nachlass oder dem Eigentum an ¼ des Nachlasses wählen. Wenn die Kinder nicht aus der Ehe mit dem überlebenden Ehegatten stammen, erhält der Ehegatte das Eigentum an ¼ des Nachlasses​​.
  • Unverheiratet und kinderlos: Die Eltern und Geschwister des Verstorbenen erben zu gleichen Teilen. Sind keine Eltern mehr am Leben, erben die Geschwister den gesamten Nachlass.

Pflichtteil

Das französische Erbrecht gewährt bestimmten Personen, die z.B. durch ein Testament ausgeschlossen wurden, einen Pflichtteilsanspruch (réserve héréditaire). Pflichtteilsberechtigte sind ausschließlich die Abkömmlinge und der Ehegatte des Erblassers:

  • Überlebender Ehegatte: Pflichtteil beträgt ¼ des Nachlassvermögens, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind.
  • Kinder: Pflichtteil eines Kindes beträgt ½ des Nachlasses, bei zwei Kindern 1/3, bei drei Kindern ¼ des Nachlasses​​.

Ein Verzicht auf den Pflichtteil ist im französischen Recht nicht zulässig, was eine wesentliche Abweichung zum deutschen Erbrecht darstellt.

Nachlassabwicklung

In Frankreich sind Notare für die Abwicklung des Nachlasses zuständig. Sie werden von den Erben beauftragt und übernehmen folgende Aufgaben:

  • Auflistung der Vermögenswerte und Schulden.
  • Ausstellung des „acte de notoriété“ (vergleichbar mit dem deutschen Erbschein).
  • Einreichung der Erbschaftssteuererklärung beim Finanzamt des letzten Wohnsitzes des Erblassers.

Bei internationalem Bezug wird ein europäischer Erbschein ausgestellt, der es den Erben ermöglicht, ihre Rechtsstellung auch außerhalb Frankreichs nachzuweisen. Wenn der Erbfall nach deutschem Recht geregelt wird, müssen die Erben beim deutschen Nachlassgericht einen europäischen Erbschein beantragen und diesen dem französischen Notar vorlegen, um Zugriff auf Immobilien und Bankkonten zu erhalten​.

Erbschaftssteuer

Die Erbschaftssteuer in Frankreich ist abhängig vom Verwandtschaftsgrad und dem Wert des Nachlasses.

Freibeträge und Steuersätze

  • Ehegatten: steuerfrei.
  • Kinder: Freibetrag von 100.000 EUR pro Kind.
  • Eltern und Großeltern: Freibetrag von 100.000 EUR.
  • Geschwister: Freibetrag von 15.932 EUR.
  • Nichten und Neffen: Freibetrag von 7.967 EUR.

Die Steuersätze variieren und beginnen bei 5% für kleinere Erbschaften bis zu 45% für gewaltige Erbschaften. Für entferntere Verwandte und andere Personen gelten höhere Steuersätze.

Gestaltungsmöglichkeiten zur Steueroptimierung

Angesichts der vergleichsweise niedrigen Freibeträge in Frankreich ist eine frühzeitige Planung der Vermögensübertragung entscheidend. Lebzeitige Schenkungen sind ein effektives Mittel, um die Steuerlast zu minimieren. Hierbei können die Freibeträge alle 15 Jahre erneut genutzt werden, um größere Vermögenswerte steuerfrei zu übertragen.

Lebzeitige Schenkungen

Schenkungen zu Lebzeiten können dabei helfen, den steuerpflichtigen Nachlass zu reduzieren. Insbesondere bei Immobilien kann es sinnvoll sein, dem Beschenkten das Nießbrauchsrecht einzuräumen, sodass der Schenkende weiterhin von den Einkünften aus der Immobilie profitieren kann, während der Wert des Nießbrauchs vom steuerpflichtigen Wert der Schenkung abgezogen wird​.

Nutzung von Lebensversicherungen

Lebensversicherungen bieten eine weitere Möglichkeit zur Steueroptimierung. In Frankreich sind die Auszahlungen aus Lebensversicherungen bis zu einem bestimmten Betrag von der Erbschaftssteuer befreit, wenn sie vor dem 70. Lebensjahr des Versicherungsnehmers abgeschlossen wurden. Die Freibeträge und steuerlichen Vorteile sollten jedoch genau geprüft und die Policen entsprechend gestaltet werden, um den maximalen Nutzen zu erzielen.

Fazit

Das französische Erbrecht weist im Vergleich zum deutschen Recht einige Besonderheiten auf. Finanz- und Nachfolgeplaner müssen diese Unterschiede genau kennen, um ihre Mandanten kompetent beraten zu können. Vorwiegend bei grenzüberschreitenden Erbfällen ist eine gründliche rechtliche und steuerliche Beratung unerlässlich, um Überraschungen und Probleme bei der Nachlassabwicklung zu vermeiden. Durch eine frühzeitige und strategische Planung können steuerliche Belastungen minimiert und die Nachlassabwicklung effizient gestaltet werden.

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